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Als achtjähriger Bub auf dem Bock einer Bierkutsche…

Als ich bei einer Fernsehübertragung des Umzuges vom Münchener Oktoberfest die zahlreichen Bierkutschen Münchener Brauereien sah, erinnerte ich mich daran, dass ich 1943 als achtjähriger Bub einen Tag lang auf dem Kutschbock eines solchen Gespanns in Frankfurt mitgefahren war. Ein Freund meines Vater war Stallmeister einer Sachsenhäuser Brauerei, und da man es zur damaligen Zeit mit Sicherheitsaspekten oder anderen Vorschriften wohl nicht so genau nahm, durfte ich eines Morgen auf der Bierkutsche zwischen zwei gestandenen Mannsbildern Platz nehmen.

Wir bogen mit dem Sechsspänner auf den Hainer Weg ein, und dort wurde es für den Kutscher schwierig, denn er musste auf der abschüssigen Straße die vier belgischen Kaltblüter im Zaume halten; im wahrsten Sinne des Wortes. Das Pferdefuhrwerk schob sich nach vorne, und die Bremsen mussten Schwerstarbeit leisten, um das sperrige Gefährt nicht außer Kontrolle geraten zu lassen.

Der zweite Mann vom Kutschbock sprang auf die Straße und hielt das linke Pferd des vorderen Paares am Zaumzeug. Der Kutscher arbeitete mit gelassener Routine an den Zügeln. Hinter dem Wendelsplatz schwang sich der andere Mann wieder auf den Kutschbock, denn in der Darmstädter Landstrasse war es nun eben geworden. Unser Weg führte uns in eine Gaststätte in die Wallstraße, ein Nachbarhaus unserer Wohnung, also heimisches Gefilde. Ich kannte mich aus. Auf dem Bürgersteig befand sich eine Stahlplatte, die nach links und rechts geöffnet wurde. Mit geübter Routine wurden die Fässer nach dem Abladen vom Wagen durch den Schacht in den Keller bugsiert, und Leergut nach oben gehievt und verladen.

Weiter ging es über die Alte Brücke in die Fahrgasse, wo ebenfalls leere gegen volle Fässer getauscht wurden. Diesmal aber wurden die Fässer vom Wagen heruntergeworfen, ein dickes, schweres Lederkissen milderte den Aufprall. Per Hand wurden die Fässer zum Kellerloch im Trottoir gerollt,  und in den Schacht hinabgelassen. Das war leicht, es waren nur etwas 70 Zentimeter und die Holzfässer mit ihren eisernen Ringen sehr stabil.

Die Route, die mir im einzelnen nicht mehr erinnerlich ist, führte uns durch die Innenstadt, wo wir bei mehreren Gaststätten unsere flüssige Nahrung ablieferten. Die „Bockenheimer“ blieb mir deutlicher im Gedächtnis, denn es war schon damals eine kaum enden wollende „Land“-Straße. Nach der Bockenheimer Warte erreichten wir in der Kiesstraße unser letztes Ziel. 

Danach führte der lange Weg zurück zum Sachsenhäuser Berg. Obwohl die Fracht mit leeren Fässern leichter geworden war, schienen die Pferde ihre Knochen gehörig zu spüren. Nach dem langen Tag waren die letzten Meter bis zum Stall mühsam, es ging wieder bergwärts.

Pferdefuhrwerke ade 

Als in den Fünfziger Jahren in den deutschen Großstädten der Autoverkehr zunahm und die Straßen den Anforderungen dieser Zeit nicht mehr gewachsen waren, ergab sich für viele Kommunen dringender Handlungsbedarf. Auch in Frankfurt. 1958 verbot die Stadt den Verkehr mit Pferdefuhrwerken. Das war das Aus für die wenigen verbliebenen Bierkutschen. 

Kein Beinbruch. Die meisten  Brauereien hatten bereits auf Lastwagenbetrieb umgestellt. Die Vier- oder Sechsspänner waren nur noch gelegentlich bei Volksfesten oder Umzügen mit Sondergenehmigungen zu sehen. Aber nostalgische Erinnerungen bleiben…