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Zeitgeschichte

„Heimat deine Sterne“ weckt Erinnerung an Erich Knauf

Wenn ich im Radio oder Fernsehen das Lied Heimat deine Sterne höre, frage ich mich, ob die diversen Interpreten (wie etwa Freddy, Rudi Schuricke, Heino, Heinz Hoppe, Günter Emmerlich oder Günther Wewel, um nur die bekanntesten zu nennen) sich bewusst sind (oder waren), welches Schicksal der Textdichter Erich Knauf erleiden musste. Der Schriftsteller Wolfgang Eckert informiert darüber in seinem Buch Heimat, deine Sterne – Leben und Sterben des Erich Knauf. (erschienen im Vergangenheitsverlag, Berlin).

Das Lied Heimat deine Sterne ist erstmals im Rühmann-Film „Quax, der Bruchpilot“ (1942) zu hören, gesungen wird es von dem den Nazis nahe stehenden und in der Öffentlichkeit populären Bass Wilhelm Strienz. Werner Bochmann hatte den Schlager komponiert, den Text verfasste Erich Knauf. Beide hatten allerdings nicht damit gerechnet, dass das unverbindliche, fast schmalzige Lied zu einem Durchhalte-Hit der Wehrmacht werden würde, am allerwenigsten Knauf, stand der 1895 Geborene doch der Sozialdemokratie nahe und hatte sich 1920 an der Zerschlagung des Kapp-Putsches im Raum Gera beteiligt. Danach arbeitete er als Redakteur bei der Büchergilde Gutenberg, ehe er sich als freischaffender Schriftsteller durch die Zeit kämpfte.

Eine Kritik an einer Opernaufführung („Carmen“) im „8-Uhr-Abendblatt“ rief den Unwillen der Nazi-Größe Hermann Göring hervor (nach anderen Quellen auch von Goebbels), was Knauf Anfang der Dreissiger Jahre vorübergehend ins KZ Oranienburg brachte. Nach einigen journalistischen Gelegenheitsarbeiten fand er schließlich Unterschlupf bei der Terra-Filmgesellschaft, wo er Werner Bochmann kennenlernte, der wie er selbst aus Meerane stammte. Für Bochmann schrieb er einige Liedertexte, darunter dann 1942 auch Heimat, deine Sterne. (Siehe den Textauszug)

Heimat deine Sterne, 
sie strahlen mir auch am fernen Ort.
Was sie sagen, deute ich ja so gerne,
Als der Liebe zärtliches Losungswort.
Schöne Abendstunde, der Himmel ist wie ein Diamant.
Tausend Sterne stehen in weiter Runde,
Von der Liebsten freundlich mir zugesandt.

Als Knauf und sein Freund Erich Ohser (bekannt für seine „Vater und Sohn”-Comics) sich 1944 in einer Bombennacht in einem Berliner Luftschutzbunker politische Witze erzählten, wurden sie von einem mithörenden Hauptmann namens Bruno Schultz bei der Gestapo denunziert. Während Erich Ohser in der Haft Suizid beging, wurde Knauf wegen „defätistischer Äußerungen“ vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt und am 2. Mai 1944 hingerichtet. Heinz Rühmann, der dem Regime nicht gerade kritisch gegenüberstand, setzte sich zwar bei Goebbels für eine Begnadigung ein, blieb aber erfolglos. Der Witwe Erna Knauf wurden die Verfahrenskosten inklusive Hinrichtung in Höhe von 585,74 Reichsmark in Rechnung gestellt, was den Schriftsteller Erich Kästner, ein guter Freund von Knauf, später zu dem Prosatext Eine unbezahlte Rechnung veranlasste.

Sogar das Porto der Briefzustellung in Höhe von 12 Reichspfennig floß in die Gebühren ein. Und was aus dem Denunziaten Bruno Schultz geworden ist, hat der Schriftsteller Eckert in seinem Buch ebenfalls mitgeteilt. Demnach starb der Mann in sowjetrussischer Gefangenschaft an Typus.

Obwohl fast ein Vergessener, gibt es zu Ehren von Erich Knauf in mehreren Städten nach ihm benannte Straßen, darunter in Brandenburg, Meerane, Plauen und Berlin. Eine Gedenktafel ist am ehemaligen Wohnhaus in Berlin-Kaulsdorf angebracht, in Kreuzberg wurde für den Ermordeten 2014 ein Stolperstein verlegt.

Und ich? Heimat deine Sterne wurde von mir früher oft als reine Schnulze und Durchhalte-Melodie abgetan, nach dem Wissen über die politische Haltung und das Schicksal von Erich Knauf sehe ich es nun aus einem gänzlich anderen Blickwinkel.