Wer ein älteres Automobil sein eigen nennt, kann ein Lied davon singen: Ist nämlich die Produktion eines Fahrzeuges erst einmal eingestellt, kann es mit den Ersatzteilen im Laufe der Jahre eng werden – besonders dann, wenn die aufgelegte Produktionszahl ohnehin nicht gerade in die Hunderttausende geht.
Mein Coupe Fiat war eines der letzten von insgesamt nur 72 762 Exemplaren, die in der Autoschmiede Pininfarina bei Turin zwischen 1992 und 2000 vom Band liefen. Letztes Produktionsjahr also vor immerhin 23 Jahren. Niedrige Stückzahlen eines Autos bedeuten verschwindend geringe Mengen an Ersatzteilen. Als im Oktober 2018 mein elektrischer Fensterheber auf der Fahrerseite den Dienst verweigerte, und die Scheibe sich nur noch mit roher Gewalt fixieren ließ, schien das zunächst kein wirkliches Problem zu sein. Eile war zwar geboten, der Herbst war schon eingezogen, und wer will schon bei Regengüssen mit offenen Fenster fahren – von der eindringenden Kälte ganz zu schweigen, aber der Auftrag für ein entsprechendes Ersatzteil war in der Werkstatt schnell erteilt.
Nach einer Stunde meldete sich der Chef und teilte resigniert mit, Fensterheber für die Fahrerseite seien weder beim Hersteller noch im einschlägigen Fachhandel vorrätig. Auch schnell eingeleitete Recherchen bei anderen Werkstätten oder Lieferanten blieben ergebnislos. Gebetsmühlenartige Auskunft: „Das Ersatzteil ist nicht lieferbar!”. Meist folgte der freundliche Hinweis, Fensterheber für die Beifahrer-Seite seien genügend vorhanden.
Meine erstaunt-naive Frage, warum dies so sei, wurde überzeugend beantwortet:
„Die rechte Tür wird eben nicht so oft benutzt wie die linke. Das ständige Ein- und Aussteigen und Zuschlagen auf der Fahrerseite führt öfter zu Defekten und zu einem höheren Verschleiß der Fensterheber.”
Das war einleuchtend, aber guter Rat gleichwohl teuer, denn wie sollte sich das Problem lösen lassen. In Absprache mit dem freundlichen Werkstatt-Inhaber machte ich mich selbst auf die Suche nach dem Ersatzteil, warum gibt es Internet, Ebay und Amazon? Und mir kam eine Idee. Für den britischen Markt waren Coupes mit Rechtslenkung hergestellt worden, demnach müssten dort für die linke, weniger anfällige Tür reichlich Fensterheber vorhanden sein. Alle Recherchen im Internet und auf diversen britischen Websites von Coupe-Liebhabern blieben ergebnislos.
Einige Zubehörhändler offerierten zwar (und sogar mit Fotos) Fensterheber für die Fahrerseite, doch waren diese Angebote alle mit dem dezenten Hinweis „Nicht lieferbar” versehen. Bei Amazon Frankreich und Spanien wurde ich schließlich fündig, dort wurden bereits benutzte „elektrische Kurbelapparate (Original-Ersatzteilnummer 46303557)” zu 123 oder 200 Euro angeboten. Der Versuch, ein Teil in den Warenkorb zu legen, scheiterte kläglich, wurde mir doch lapidar mitgeteilt:
„Keine Lieferung nach Deutschland!“
Eine Option blieb noch in der Italien, doch der Verkäufer wollte 180 Euro in bar und per Post, was mir dann doch ein wenig suspekt erschien. Nach einer Woche schließlich ein Erfolg: Ein westfälischer Auto-Ausschlachter hatte ein letztes, gebrauchtes, aus einem alten Coupe ausgebautes Exemplar des Fensterhebers 463003557 am Lager. Preis: 60 Euro. Schnell geordert, schnell geliefert, Einbau in zwei Stunden. Fensterheber funktioniert wieder, aber dafür knisterte es jetzt hörbar hinter der Türverkleidung. Nun, gut! Man kann nicht alles haben…