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Hollywoodkino

Armer reicher Charlie schürft am eisigen Klondike

Dieser Tage ist das Angebot ins Haus geflattert, eine DVD des Klassikers Goldrausch zu erwerben. 9,99 Euro sind aufgerufen, aber DVDs brauche ich nicht mehr, ihre Zeit ist vorbei. Die Offerte weckt indessen Erinnerungen an diesen alten und berühmten Chaplin-Film, in dem der Künstler alles unter Kontrolle hatte, denn als Chaplin 1924 Goldrausch drehte, war er Autor, Regisseur und Hauptdarsteller. Er schrieb die Begleitmusik für die Klavierspieler und besorgte den Schnitt. 1942 fügte Chaplin der Tragikomödie eine überarbeitete Tonfassung hinzu, die neben der von ihm komponierten Musik auch Text des Regisseurs enthielt. Dem Multi-Talent gelang mit seinem zweiten Langfilm nach The Kid (1921) ein Meisterwerk der Kinogeschichte. 

Rückblickend hielt Chaplin Goldrausch für seine beste Leistung. Mit diesem Film, in dem das Klondike-Goldfieber von 1898 in Alaska beschrieben wird, wolle er den Menschen in Erinnerung bleiben. Als Goldrausch in die Kinos kam, hatte Chaplin bereits über 75 Slapstick-Kurzfilme für die Firmen Keystone (ab 1913), Essaney, Mutual und First National gedreht, eingeengt von den Geldgebern, die nur den Profit im Auge hatten. Konflikte zwischen ihm, der seine künstlerischen Ambitionen verfolgte, und den Produzenten waren unausweichlich. 

Endlich unabhängig

Bei Goldrausch war das anders. An einer neuen, unabhängigen Gesellschaft (United Artist) waren neben Chaplin noch die berühmten Stars Mary Pickford und Douglas Fairbanks beteiligt. Noch mehr als bei The Kid war es ihm nun möglich, soziale Aspekte in Szene zu setzen. Er tat das mit der Figur des Vagabunden Charlie. Dessen Verkörperung eines vom Unglück Verfolgten, der gleichwohl seine Liebe zum Leben und zur Gerechtigkeit behält, auch nachdem ihm übel mitgespielt wird, machen ihn zum Symbol des freundlichen, duldsamen Menschen, der gegen die Tücken des Daseins kämpft und gewinnt, weil er sich selbst treu bleibt.

Die Story ist banal und beruht auf dem Goldfieber am Ende des  19. Jahrhunderts. Abenteurer, Glücksritter und gescheiterte Existenzen ziehen in Scharen ins eisige Alaska, um am Klondike nach den glänzenden Goldklümpchen zu schürfen. Unter ihnen ist auch der arme Charlie. Mit Melone, Stöckchen, verknautschtem Anzug und zu großen Schlappen macht er sich 1898, wie Tausende andere, auf die Suche nach dem edlen Metall. Unvergesslich die Szene, in der der hungernde Goldsucher seinen Schuh verzehrt, um zu überleben. 

Charlie verzehrt seinen Schuh. (Foto: Imago Images / Granger Historal Pictures)

Am Ende hat er Glück. Nach Enttäuschungen, überstandenen Gefahren und einem Unfall, der ihm plötzlichen Reichtum beschert, gewinnt er die Liebe einer Frau – fast zu schön, um wahr zu sein, aber für das damalige, gebeutelte reale Kinopublikum in einer Zeit der Depression ein Schimmer der Hoffnung, denn aus dem armen wird ein reicher Charlie…


PINNWAND: Goldrausch ist ein Film der United Artist aus 1924. Regisseur, Autor und Hauptdarsteller Charlie Chaplin, in weiteren Rollen: Mack Swain, Tom Murray und Georgia Hale. 1925 uraufgeführt, lief schon vor dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland und ab September 1946 erneut in den Kinos. Weitere Langfilme Chaplins: The Kid (1921), Lichter der Großstadt (1931), Moderne Zeiten (1936), Der große Diktator (1940), Monsieur Verdoux (1947), Rampenlicht (1952), Ein König in New York (1957).