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Hollywoodkino

Namhafte Regisseure machen Western-Genre salonfähig

Das, was Film-Historiker als klassische Western bezeichnen, erlebte seine Hollywood-Blüte zwischen Ende der Dreissiger, Anfang der Fünfziger Jahre. Waren Wildwest-Filme bis dahin eher billiger Klamauk gewesen, in dem artistisch reitende Cowboys, wild um sich schießend, umherirrende Kuhherden vor sich hertrieben oder gegen Viehdiebe verteidigten, wurden nun auch soziale und wirtschaftliche Aspekte der Landerschließung auf die Leinwände gebracht. In Erinnerung geblieben sind mir Filme wie Die Frau gehört mir, in dem es um den rücksichtslos voran getriebenen Bau der Eisenbahn zwischen der Ost- und Westküste der USA ging, Der Schatz der Sierra Madre, in dem das Schicksal geldgieriger, rücksichtsloser Goldsucher beschrieben wird und Höllenfahrt nach Santa Fee, geprägt von Kriminalität und charakterlich sich wandelnder Menschen. Faustrecht der Prärie passt sich dem wandelnden Genre an und bezieht sich sogar auf ein reales Ereignis, das sich 1881 zugetragen hatte. Der düster wirkende Streifen stellt Gesetzlosigkeit und Gesetzestreue in den Mittelpunkt, verherrlicht allerdings die dubiose Figur des Sheriffs Wyatt Earp auf unangemessene Weise.

Auch Red River bezieht sich auf historische Ereignisse der großen Rindertrecks durch einsame Prärien. Knorrige, hartgesottene Männer, meist karg beim Reden, rasch im Handeln – das sind die Charaktere dieses Westerns, der 1951 in die deutschen Kinos kam, und vom Columbia-Verleih bald in Panik am Roten Fluss umbenannt wurde. 

Der Viehbaron Tom Dunson

Auf der Leinwand ist die Geschichte des Viehbarons Tom Dunson (John Wayne) und seines rebellischen Pflegesohnes Matthew (Montgomery Clift) zu sehen. Gemeinsam mit einer Schar Cowboys treiben sie Tausende von Rindern von Texas über Oklahoma nach Abilene in Kansas. Der Film ist ein Dokument von Menschenverachtung und Ausbeutung, typisch für die reale Erschließung des Westens Nordamerikas.

Gefühle äussern die Männern nur in Blicken und dürren Gesten. Das Land dagegen atmet, der Staub blendet die Augen, der Geruch der riesigen Rinderherde liegt über der Prärie, die rasende Flucht der Tiere reisst förmlich hinein in einen unentrinnbaren Strudel von Leidenschaft und Erbarmungslosigkeit. Ein spannender Stoff für einen Regisseur wie Howard Hawks, der den Film in epischen, aber auch spröden Schwarz-Weiß-Bildern erzählt.

John Wayne und Montgomery Clift in Red River. (Foto: Imago Images / Prod. DB)

Die 800 Kilometer lange Strecke war nach dem Geschäftsmann Jesse Chisholm benannt worden, der schon vor Beginn des Bürgerkrieges entlang dieser Route eine Reihe von Post- und Handelsstationen eingerichtet hatte. Sie wurden bald zu wichtigen Stützpunkten in den trostlosen Landschaften des Westens, vor allem, als es zum mörderischen Rindertreiben kam. Diese Trecks waren vor allem dem Krieg zwischen den Nordstaaten und den Konföderierten geschuldet, denn über Jahre hinweg konnten die Rinder des konföderierten Texas nicht mehr an die Kunden in den Norden geliefert werden. 

Dramatischer Preisverfall

Die prekäre Situation  führte dazu, dass die Herden unaufhörlich anwuchsen, was zu einem dramatischen Preisverfall führte. So wurde in Texas für ein gesundes Rind nur noch ein Preis von vier US-Dollar erzielt, während im Norden und in den Staaten der Ostküste meist das Zehnfache gezahlt wurde. Es war unumgänglich, die Herden an die großen Bahnstationen zu treiben. 

Zentrales Thema im Film ist jedoch die Härte von Tom Dunson, der angetrieben von Profitsucht und ökonomischen Zwängen, gepaart mit charakterlichen Schwächen und daraus resultierender Unerbittlichkeit, jedes Maß verliert. Erst als Dunson zwei desertierte Treiber hängen lassen will und es zum Aufbegehren unter den Cowboys kommt, gerät sein Weltbild ins Wanken. Das klingt wie das Happy-End eines beliebigen Heimatfilms, doch es ist der dramatische Schlusspunkt eines Westerns, der ein Stück amerikanischer Wirtschaftsgeschichte zeigt. Und Wayne ist die Rolle des Dunson auf den Leib geschrieben, verkörpert dieser doch genau den Typ, den der ultrarechte Republikaner Wayne zeitlebens war.

Red River ist eine packender Film, der auch nach 70 Jahren beim Ansehen im Fernsehen und auf kleinem Bildschirm seine Anziehungskraft nicht verloren hat. Die Handschrift von Produzent und Regisseur Howard Hawks bei seinem ersten Western macht den Film über den Tag hinaus sehenswert.


Western, die Geschichte schrieben

Die Frau gehört mir (Western Union), Paramount 1939, Regie: Cecil B. De Mille, Darsteller: Barbara Stanwyck, Joel McCrea, Robert Preston. Thematisiert die Gnadenlosigkeit beim Eisenbahnbau in den Vereinigten Staaten.

Höllenfahrt nach Santa Fe (Stagecoach, Ringo), United Artist 1939, Regie: John Ford. Darsteller: John Wayne, Claire Trevor, Thomas Mitchell. Beschreibt das Verhalten und die Charaktere von Menschen in höchster Gefahr.

Der Schatz der Sierra Madre (Tresure of Sierra Madre), Warner Bros. 1947, Regie: John Huston, Darsteller: Humphrey Bogart, Tim Holt, Walter Huston. Rückt das Schicksal und die Unerbittlichkeit des Überlebens beim Goldschürfen in den Mittelpunkt.

Faustrecht der Prärie (Tombstone, My Darling Clementine), 20th Century Fox 1946, Regie: Henry Ford. Darsteller: Henry Fonda, Linda Darnell, Victor Mature. Beschäftigt sich in melodramatischer Weise mit „Recht und Ordnung” beim Kampf um Landbesitz.

Red River (Red River, Panik am Roten Fluss), United Artists 1948, Regie: Howard Hawks. Darsteller: John Wayne, Montgomery Clift, Joanne Dru. Hat die wirtschaftlichen Probleme der Viehzüchter und die Hintergründe großer Rinder-Trails zum Inhalt.