Kategorien
Zeitgeschichte

Denkmal der roten Fahnen am Bürgerhaus in Mörfelden

Vor dem Bürgerhaus Mörfelden fällt dem Besucher eine rote Stahlskulptur auf, die an die Errichtung des Volkshauses 1930 erinnert. Sie stellt im Wind flatternde, rote Fahnen dar und wurde von dem Darmstädter Künstler Gerhard Schweizer gestaltet. Als ich dieser Tage eine Veranstaltung im Bürgerhaus besuchte, fiel mir wieder einmal dieses mächtige Denkmal ins Auge.

Professor Schweizer hatte das Ehrenmal 2007 im Auftrag der Kommune zur Erinnerung an die Erbauer kreiert, nachdem fünf Jahre zuvor die örtliche Fraktion der DKP/Offene Liste in der Stadtverordneten-Versammlung den Antrag gestellt hatte, ein solches Denkmal zu errichten. Es soll an die Arbeiter, Bauern und Handwerker aus Mörfelden erinnern, die  Ende der Zwanziger Jahre in mehrjähriger, freiwilliger Arbeit das Volkshaus erbaut hatten.

Schweizers Entwurf war aus 33 Bewerbungen ausgewählt worden. Es trägt als Inschrift die Worte „Also seid ihr verschwunden, aber nicht vergessen.“ Es ist ein Zitat von Bert Brecht aus seinem Gedicht „An die Kämpfer in den Konzentrationslagern“ und hat einen direkten Bezug zu den Bauleuten und Widerstandskämpfern.

Denn während der Nazizeit wurden viele der Werktätigen, die dieses Gebäude im Schweiße ihres Angesichts errichtet hatten, verhaftet oder verschleppt, weil ihre Herzen links schlugen oder sie in der Widerstandsbewegung aktiv waren. Das Volkshaus wurde zu einer Lagerhalle und einer Fabrik „umfunktioniert“, in der unter anderem Fesselballons hergestellt wurden.

Die Erbauer hatten freilich ganz anderes im Sinn gehabt, denn hier war die Heimstätte für Gewerkschafter, Sportler, Freidenker und Genossenschafter sowie anderer der Arbeiterbewegung nahestehende Gruppierungen.

Maurer und andere Handwerker aus dem Dorf, darunter auch Bauern, hatten 1924 mit den Planungen begonnen, ab 1928 wurde dann in der karg bemessenen Freizeit sowohl mit finanziellem Engagement als auch großem Idealismus dieses Volkshaus hochgezogen.

Die Inschrift ist von Bert Brecht. (Foto: Erich Stör)

Wie einer Gedenkbroschüre der örtlichen DKP zu entnehmen ist, kostete es schließlich auf den Pfennig genau 131.677.20 Reichsmark und wurde am 19. April 1930 eröffnet. Im Jahr 1964 übergab dann der „Volkshaus-Verein“, der seit 1948 bis dahin die Begegnungsstätte in Eigenregie betrieben hatte, das Gebäude in die Obhut der Stadt, die es seitdem als „Bürgerhaus“ fortführt und mehrmals renoviert, umgebaut und den modernen Anforderungen angepasst hat.

Heute umfasst das Bürgerhaus einen großen Saal, kleinere Räumlichkeiten, ein Restaurant und Kegelbahnen. Es kann für Tagungen, Ausstellungen, Familienfeiern, kleine Messen, Karnevalsveranstaltungen, Konzerte, Theateraufführungen und ähnlichem genutzt werden.