Kategorien
Zeitgeschichte

Rosa Luxemburgs flammende Rede wider den Krieg

Das Haus Basaltstraße Nr. 23 im Frankfurter Stadtteil Bockenheim mit dem Titania im Hof beherbergte vor Jahrzehnten eine Eisfabrik, eine Liederhalle, war Gewerkschaftshaus und danach lange Zeit ein Kino. Das Gebäude hat wahrlich eine vielfältige Geschichte. Der politische Aspekt spielte dabei immer eine wichtige Rolle. Eine Gedenktafel erinnert an einen Auftritt von Rosa Luxemburg. Ich erinnerte mich daran, als ich dieser Tage an dem Haus vorbeiging. Hier hielt die aus Polen stammende Sozialistin Rosa Luxemburg am 26. September 1913 ihre flammende Rede gegen Militarismus und Krieg, worauf sie von den kaiserlichen Behörden umgehend „wegen Aufruhrs“ verhaftet wurde.

Rosa Luxemburg musste zunächst wieder freigelassen werden, wurde aber im Februar 1914 wegen der „Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und Anordnungen der Obrigkeit“ zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt. An dem Haus, an dem die Sozialistin ihre Rede hielt, hat die „Hessische Rosa-Luxemburg-Stiftung“ eine Erinnerungstafel anbringen lassen, auf der die Geschehnisse von damals in Kurzfassung festgehalten sind.

Auf der Informationstafel Tafel stehen neben einem Bildnis die folgenden Sätze, die ich hier der besseren Lesbarkeit halber noch einmal zitiere:

Hier im Hof befand sich die Gastwirtschaft „Zur Liederhalle“. Am 26. September 1913 sprach Rosa Luxemburg. Sie setzte sich für die Erhaltung des Friedens ein. „Wenn uns zugemutet wird, die Mordwaffen gegen unsere französischen und anderen Brüder zu erheben, dann rufen wir: Das tun wir nicht.“ Sie wurde deshalb 1914 in Frankfurt wegen „Aufwiegelung zum ungehorsam gegen die Obrigkeit“ zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Rosa Luxemburg wurde am 15. Januar 1919 in Berlin ermordet.

Gedenktafel am Haus Basaltstraße 23 in Frankfurt-Bockenheim. (Foto: Erich Stör)

Doch auch ohne den Auftritt von Rosa Luxemburg hat das Titania eine interessante Vergangenheit. Um 1900 hatte hier schon eine Eisfabrik gestanden, die den damals direkt daneben liegenden Schlachthof belieferte, dann wurde daraus die Lieder- und Versammlungshalle der Gewerkschaften mit umfangreicher Bibliothek („Zur Liederhalle“).

Im Jahr 1928 errichtete dann ein Gastwirt namens Müller ein Kino, modernisierte es 1941 und schloss den bis dahin bestehenden Gastraum, um ein grösseres Foyer einzurichten.

Lazarett

In den beiden Weltkriegen hatte das Titania zeitweise als Lazarett gedient, nach 1945 — das Gebäude war bei den Fliegerangriffen überraschend fast unversehrt geblieben — wurden die Titania-Lichtspiele (600 Plätze) als eines der ersten Kinos in Frankfurt im Februar 1946 mit dem Film „Sieben junge Herzen“ wieder eröffnet.

Als ich jetzt vor dem Haus stehe, um die Luxemburg-Erinnerungstafel zu fotografieren, erinnere ich mich daran, dass ich in diesem alten und traditionsbeladenen Haus kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges den Film „Meine Frau die Hexe“ in Originalfassung mit deutschen Untertiteln gesehen habe. Diese turbulente Komödie mit der glänzenden Veronica Lake (Jennifer), der unvergessenen Susan Hayward und dem Charakter-Darsteller Frederic March war mir auch einen weiten Weg wert.

In der „Frankfurter Rundschau“ hatte ich gelesen, dass dieser Film im Titania lief. Mit der Linie 3, die vom Zoologischen Garten nach Rödelheim führte, fuhr ich von der Innenstadt zur Leipziger Strasse in Bockenheim, eine lange Fahrt durch das immer noch von Trümmerhaufen gezeichnete Frankfurt, selbst mit der Straßenbahn.

Viele Jahre sind seitdem vergangen, aber es hat sich nicht viel verändert seit damals. Die Basaltstraße ist schmal geblieben, Bürgerhäuser auf beiden Seiten, der Eingang zum Kino im Hinterhof sieht aus wie früher, nur die vielen parkenden Autos machen den Unterschied: oder auch, dass das Titania kein Kino mehr ist.

70er Jahre

Wie für andere Lichtspielhäuser in Frankfurt war das Aus für das Bockenheimer Lichtspieltheater Ende der Siebziger Jahre gekommen. 1985 wurde das Gebäude schließlich von der Katholischen Kirche gekauft, bald darauf von der Frankfurter Saalbau GmbH übernommen und zum Bürgerhaus umfunktioniert.

Seit 1997 war es vorübergehend Spielstätte des Galli-Theaters, seit Oktober 2005 heißt es wieder Titania-Theater und ist seit September 2011 die Heimstatt des „Freien Schauspiel Ensembles Frankfurt“ und bietet auch anderen freien Theatergruppen die Möglichkeit, ihre Produktionen aufzuführen. Auch daran ist zu sehen, wie traditionsreich das Haus ist.