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Stadtbesuch

Weißer Ausflugsdampfer von Frankfurt nach Rüdesheim

Außer der berühmt und zugleich berüchtigten Drosselgasse hat die Stadt Rüdesheim im lieblichen Rheingau noch andere Attraktionen zu bieten. Zum Beispiel das Niederwald-Denkmal hoch über der Stadt und das Kloster St. Hildegard im Ortsteil Eibingen. Wer sich in Rüdesheim etwas länger aufhalten möchte, um die Stadt etwas intensiver zu erkunden, sollte (von Frankfurt kommend) nicht mit dem Ausflugsschiff anreisen. Eine Schifffahrt kann zwar lustig sein, und die Uferlandschaft des Mains lässt sich auch noch aus gänzlich anderer Perspektive betrachten, aber die Reise auf  Main und Rhein dauert einfach zu lang, der Aufenthalt in Rüdesheim ist zu kurz.

Auch ich hatte zu kurz gedacht, als ich mit dem Dampfer die Tagesfahrt buchte. Schon die drei Schleusen in Frankfurt-Griesheim, Eddersheim und Kostheim (Gustavsburg) kosten wertvolle Zeit, auch die optionalen Anlegestellen in Höchst, Kelsterbach, Rüsselsheim, Mainz, Wiesbaden-Biebrich und Eltville bremsen den weißen Ausflugsdampfer. Immerhin rund fünf Stunden dauert die kleine Reise, so dass ich Rüdesheim erst um 13.30 Uhr erreiche. Am Eisernen Steg in Frankfurt hatten wir halb neun Fahrt aufgenommen; so bleiben gerade zwei Stündchen für die Besichtigung der schönen Stadt, denn um 15.30 geht es schon wieder heimwärts. Eine Hetzjagd…

Das Niederwald-Denkmal mit der wehrhaften Germania als zentraler Figur zu besuchen, passt also nicht meinen engen Zeitplan, zumal ich schon vor Jahren bei einer Autofahrt Gelegenheit hatte, dieses Monument aus der Zeit nach Gründung des deutschen Kaiserreiches zu besichtigen, das an die Gründung des deutschen Nationalstaates und das Kaiserreich erinnern soll. Weil der Rhein in der deutschen Geschichte immer eine wichtige Rolle gespielt hat – auch als zeitweilige Grenze zum „bösen Nachbarn“ Frankreich, wurde das Denkmal hier errichtet und lässt die Germania seit 28. September 1883 provozierend in Richtung des einstigen »Erzfeindes« blicken.

Das Niederwald-Denkmal bei Rüdesheim. (Foto: H-AB Photography/stock.adobe.com)

Weil das Obere Mittelrheintal 2002 in das UNESCO-Welterbe aufgenommen wurde, gehört auch das Niederwald-Denkmal zu diesem Kulturerbe und auch die Abtei Sankt Hildegard, die inmitten von Weinbergen im Ortsteil Eibingen liegt. Von hier aus ist ein schöner Blick über den Rhein möglich. Gemächlich scheinen aus der Ferne Lastkähne und weiße Ausflugsschiffe ihre Bahnen zu ziehen… 

Was aber ist St. Hildegard? Es ist eine Gemeinschaft von Klosterfrauen, die nach den Regel des heiligen Benedikt und in der Tradition der heiligen Hildegard leben. Eine Klosterfrau erzählt mir im großen Laden vom zurückgezogenen Leben der Frauen, das allerdings herzliche Gastfreundschaft nicht ausschließt.

Bücher, Kunst aus den eigenen Werkstätten, sowie Weine, Sekt und Likör aus dem eigenen Weingut werden hier feilgeboten. Auch Dinkel, Kräutertees und Gewürze aus eigenem Anbau stehen in den Regalen. In der Abtei sind auch Fresken im Stil der Beuroner Kunstschule zu besichtigen, doch überwiegend wird das Kloster doch von Einkehr und und Stille geprägt.

Drosselgasse

Laut dagegen ist es in der Drosselgasse, allerdings nicht zum Zeitpunkt meines Besuches. Da geht es noch eher beschaulich zu, denn es ist Mittagszeit, gerade eben erst haben die ersten Gasthäuser ihre Türen geöffnet. Nicht zu vergleichen mit dem Betrieb, der hier am späten Nachmittag oder gar am Abend herrscht, was ich bei einem früheren Besuch erleben durfte. Dieses „schmale Handtuch“ von Straße besitzt den durchaus zweifelhaften Ruf, die berühmteste Gasse der Welt zu sein. 

Diese Drosselgasse hat eine lange Geschichte. Einst dienten die Häuser rechts und links als Unterkünfte für Rheinschiffer, doch im 18. und 19. Jahrhundert entstanden Straußwirtschaften, in denen selbst gemachter Wein oder Federweißer ausgeschenkt wurde. Auch Cafés oder Bierkneipen haben sich etabliert. Drosselhof, Lindenwirt, Drosseleck und Drosselhof prägen die Gasse, Quetschkommod, Gasthof Hannelore und Eissalon Piccolo runden das Bild ab, Souvenirs überall, an einer Hausecke steht ein Leierkastenmann und spielt weinselige Musik.

Drosselgasse in Rüdesheim. (Foto: Clipdealer)

Schon vor dem Bau des Niederwald-Denkmals war die Gasse ein beliebter Treffpunkt von Ausflüglern und Touristen. Spätestens seit ein gewisser Otto Hausmann das Schunkellied „zu Rüdesheim in der Drosselgass“ komponierte und zum Volksmusik-Hit machte, reisen Touristen aus aller Welt, vornehmlich aus den USA und Asien, in die mittelalterliche Gasse. Nach Schätzungen der Tourismusbranche sind es jährlich drei Millionen Besucher.