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Weltraum

Kosmonaut Oleg Kononenko über drei Jahre in der ISS

Der in Turkmenien geborene russische Weltraumflieger Oleg Kononenko – auch Kommandeur des russischen Kosmonautenkorps – kennt die Internationale Raumstation (ISS) wie seine Westentasche. Anfang Juni 2024 hatte er bei fünf Aufenthalten bereits über 1000 Tage in ihr gearbeitet und gelebt und sich damit länger in der Schwerelosigkeit aufgehalten als je ein Mensch zuvor. Als der während seines letzten Besuchs 60 Jahre alt gewordene Rekordhalter am 23. September 2024 wohlbehalten zur Erde zurückkehrte, hatte er 1.110 Tage, 14 Stunden und 56 Minuten – also mehr als drei Jahre – im All verbracht, wo er auch mehrmals als Kommandant des ISS-Gesamtkomplexes fungierte.

Die Internationale Space Station (ISS) ist ein gemeinsames Projekt der amerikanischen Weltraumbehörde NASA, dem russischen Pendant Roskosmos, der europäischen ESA (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Spanien, Großbritannien) sowie der Raumfahrtagenturen CSA (Kanada) und JAXA (Japan). 1998 war ein entsprechendes Abkommen für den Bau der Raumstation unterschrieben worden; Brasilien schloss mit den USA einen separaten Vertrag über die Nutzung der ISS. Trotz der gespannten politischen und militärischen Lage entsenden die beteiligten Nationen regelmäßig Raumflieger und Raumfliegerinnen zur Station. Die Zubringerschiffe für das Personal stammen aus den USA und Russland.

Es begann 2008

Oleg Kononenko war zu seinem ersten Flug zur ISS im April 2008 mit dem Raumschiff Sojus TMA-123 aufgebrochen. Schon damals hatte er 198 Tage als Bordingenieur in der ISS verbracht. Weitere Aufenthalte schlossen sich 2011/12 (192 Tage), 2015 (141 Tage) und 2018/19 (203 Tage) an. Seinen fünften Flug zur Internationalen Raumstation begann Kononenko am 15. September 2023 in Sojus 24 mit Landsmann Nikolai Tschub und der US-Amerikanerin Loral Ashley O’Hara, die aber im April 2024 mit dem Raumschiff Sojus 25 unter dem Kommando von Oleg Nowitzki zur Erde zurückgekehrt war.

Kononenko (unten), Tschub und Loral O’Hara beim Start in Baikonur. (Foto: NASA/Bill Ingalls)

Kononenko hatte sich schon nach dem Erreichen der 1000-Tage-Marke in einem Beitrag für die russische Nachrichtenagentur TASS – er fungiert auch als Korrespondent der Agentur  auf der ISS – geäußert und gesagt, er sehe den Rekord vor allem als ein „Beitrag zur Entwicklung der Raumfahrtmedizin und zur Vorbereitung auf künftige interplanetare Reisen“, da Langzeitflüge die Vorstellungen von den Möglichkeiten des Menschen im All erweiterten. Schließlich beginne die Menschheit gerade mit der Vorbereitung solcher Flüge. 

Gesundheitliches Risiko

Fragen nach Grenzen der Belastbarkeit des menschlichen Organismus hätten, so Kononenko, „erstrangige Bedeutung“. Es sei wichtig, zu verstehen, was der Mensch für die Durchführung solcher Flüge brauche. Die 1000-Tage-Grenze leiste einen Beitrag zur Entwicklung der kosmischen Medizin.

Die Frage bleibt, was drei Jahre in er Schwerelosigkeit mit einem Menschen tatsächlich machen. Medizinisch gesehen sind Muskelschwund, Verlust von Knochenmark, verstärkte Nierensteinbildung, Veränderung des Blutbildes, Verlust von Sehkraft schon heute nachgewiesen, wie die Fachzeitschrift Nature berichtet. Kononenko dürfte das gesundheitliche Risiko bewusst sein. 

Ein anderer Aspekt von Langzeitflügen betrifft die Psyche. Da sind viele Fragen offen, Fragen, die gerade wegen eines langwährenden Fluges zum Mars in nächster Zeit den Vordergrund rücken.