Peter Rosegger, der aus der östlichen Steiermark stammende österreichische Dichter (1843-1918), aufgewachsen in den dicht-dunklen Wäldern seiner Heimat bei Krieglach, hat der Nachwelt einige bemerkenswerte Formulierungen hinterlassen – Sätze, die wie die Faust auf das Auge des neoliberalen Zeitalters passen. Mit diesem Rosegger hatte ich lange Zeit nicht viel am Hut. Zweimal war ich ihm in der Vergangenheit „begegnet“. Das erste Mal in der Schulzeit, als wir mit seinem autobiographischen Band „Als ich noch der Waldbauernbub war“ arbeiten mussten, das nächste Mal, als ich auf einer Autofahrt von Wien nach Graz bei Krieglach eine kleine Hinweistafel zu Roseggers Geburtshaus nahe dem Ortsteil Alpl entdeckte.
Doch damals war keine Zeit, um sich den am Rande mächtiger Fichten- und Lärchenwälder gelegenen Kluggeneggerhof anzuschauen. Krieglach selbst, wo in seinem Sterbehaus ein Museum eingerichtet ist, ließ ich links liegen und fuhr weiter… Bedauerlich.
In diesen Tagen ist mir Rosegger zum dritten Mal „über den Weg gelaufen“, als ich ein Büchlein aus dem SKV-Verlag („Ausgewählte Kostbarkeiten“) mit Texten des Dichters in die Hände bekam. Unter der Überschrift „Warnungen“ sind einige Sätze abgedruckt, die auch über 100 Jahren nach Veröffentlichung aktuell sind. Die Worte könnten in einer Tageszeitung von 2018 stehen; vielleicht ein wenig „moderner“, aber inhaltlich doch gleichlautend und „grün“: Ich zitierte:
„Die Wälder werden abgeholzt, die Berge aufgeschürft, die Bäche verunreinigt. Die Wiesen werden mit Fabriken besetzt, die Lüfte mit Rauch erfüllt, die Menschen unruhig, unzufrieden, heimatlos gemacht.” – „Wer künstliche Bedürfnisse schafft, wie es ein großer Teil unserer Industrie, unseres Handels tut, der schafft Unzufriedenheit.“
Es würde zu weit führen, Peter Roseggers Lebensgeschichte an dieser Stelle abzuhandeln. Nur so viel: Roseggers Vater war Analphabet. Als ein Lehrer aus Krieglach als Sympathisant der Märzrevolution vom Pfarrer entlassen worden war, nahmen die Wäldler den Lehrer auf. Der unterrichtete die Kinder der Waldbauern, darunter auch den kleinen Rosegger, der zuvor viel von seiner Mutter gelernt hatte.
Weil eine angedachte Ausbildung zum Pfarrer zu kostspielig gewesen wäre, begann Rosegger bei einem Wanderschneider eine Ausbildung, zog von Hof zu Hof und erkannte, dass Sorgen und Nöte nicht nur bei ihm zu Hause zum Alltag gehörten, sondern auch die anderen Bauern oder Handwerker davon betroffen waren. Das schärfte seinen Blick, genau wie eine spätere Lehre als Buchhändler in Laibach. Als er die Handelsakademie in Graz besuchte, erhielt er nach ersten Erfolgen als Autor heimatlicher Gedichte ein Stipendium für drei Jahre, was ihm einen Aufenthalt in Deutschland, der Schweiz, Italien und den Niederlanden ermöglichte.
Diese Zeit hat wohl seinen Blick noch einmal geweitet. Die Jagd der Menschen nach dem Geld irritierte Rosegger zutiefst, und so stellte er, der von ihm wohlgesinnten Menschen auf seinem Weg unterstützt worden war, die Frage:
„Was ist denn an dem Gelde, daß ihm die ungeheuren Opfer gebracht werden! Geld kann viel Gutes stiften, aber noch mehr Schlechtes. Es ist ja ganz unfassbar, wie dieses höllische‚ immer noch mehr Geld haben wollen, die gescheitesten Leute zu Toren, die rücksichtsvollsten Menschen zu Straßenräubern machen kann.“
Die Worte haben auch nach über einhundert Jahren noch Aussagekraft, sie haben nichts von ihrem Gewicht eingebüsst und passen damals wie heute zu den Entwicklungen der Gesellschaft.