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In der Wallfahrtskirche „Unsere liebe Frau im Walde“

Wer oft in Südtirol zu Gast ist, wird stets interessante Schauplätze entdecken. Zwischen Reschenpass oder Brenner bis zu den Dolomiten bieten sich faszinierenden Blicke ganz unterschiedlicher Art. Von der Sonne verwöhnt und klimatisch bevorzugt, erlebt der Besucher eine Landschaft, die mit dem Wort „traumhaft“ nur unzureichend beschrieben ist. Zwischen saftig-grünen Rebhängen oder leuchtenden Apfelplantagen hat fast jedes Städtchen Sehenswürdigkeiten zu bieten. Wer mit wachen Augen durch das Land streift, wird manches Kleinod finden, so wie wir den Wallfahrtsort Unsere liebe Frau im Walde, knapp zwei Kilometer vom Gampenjoch entfernt. 

In einem Reiseführer haben wir einen Hinweis auf die Fraktion Unsere liebe Frau im Walde entdeckt, ein Örtchen etwa 20 Kilometer oberhalb der Obststadt Lana. Die Bergstraße zum Pass in Richtung Fondo verläuft gleichmässig ansteigend durch drei kleine Tunnels und mit nur zwei schärferen Kehren bis  auf 1518 Meter Höhe. Wenig später – schon bei der Talfahrt – macht uns ein Ortsschild auf den Wallfahrtsort aufmerksam. Neugierig biegen wir von der Hauptstraße ab, um nach ein paar hundert Metern vor der schlichten Kirche zu stehen, die der Ansiedlung den Namen gibt. 

Hinweisstein und Wallfahrtskirche am Gampenjoch. (Fotos: Oliver Stör)

Über Entstehung und Geschichte  des Dorfes wird nicht übereinstimmend berichtet, aber im Kern ergeben sich doch identische Fakten. Unsere liebe Frau im Walde wurde demnach 1184 erstmals in einer lateinischen Urkunde als Kloster der Brüdergemeinschaft der „Hospitalier“ und als Hospiz für Reisende am Gampenjoch erwähnt, was darauf hinweist, dass der Pass damals ein viel genutzter Handelsweg gewesen sein muss. Die Klosterbrüder hatten sich zur Aufgabe gemacht, Reisende nicht nur zeitweise aufzunehmen, sondern bei schwierigen Wetterverhältnissen auch zu begleiten.

Uns stellt sich die Frage, warum gerade am Gampenpass dieser Wallfahrtsort seinen Ursprung hat. Gründe sind bei lange zurückliegenden Ereignissen meist im Dunkel der Erinnerungen versunken, aber zwei Legenden kommen uns zu Ohren: Ein Reisender soll im Wald unterhalb des Passes überfallen worden sein, die Muttergottes um Hilfe angefleht und erhört worden sein. Erzählt wird außerdem, sie sei den Klosterbrüdern erschienenen und habe gebeten, die Kirche nicht wie üblich auf einem Hügel, sondern in einem der Sumpfgebiete zu erbauen – warum auch immer? Das Rätsel bleibt…

Altarvielfalt im Innern der Kirche. (Fotos: Oliver Stör)

1224 wurde die Einrichtung zum Augustiner-Kloster, 1807 fiel sie in die Zuständigkeit des Benediktinerstift Muri in Gries bei Bozen. Dieses versieht auch heute noch die Seelsorge im Dorf, auch wenn das Hospiz schon lange nicht mehr existiert. Unabhängig davon ist die im 15. Jahrhundert im gotischen Stil umgebaute Wallfahrtskirche ein beliebtes Kulturziel. Im Inneren sind geschnitzte Barockaltäre und ein verglaster Rokokoschrein mit dem Gnadenbild „Maria mit dem Kinde“ zu sehen. Oft ist es ruhig hier, an Feiertagen geben sich Pilger die Türklinke in die Hand. Als wir dort ankommen, treffen gerade weitere Wanderer ein.

Abgesehen von der Kirche, gibt es in der Nähe andere Attraktionen, die das Dorf aufwerten. Am Ortsrand befindet sich der Saurierweg Trassic Parc, an dem 1997 Abdrücke von Dinosauriern gefunden wurden. Zu beliebten Wanderzielen in der Nähe zählen der Mendelkamm, die Gebirgsgruppe Le Maddalene, die Laugenspitze und das Hochplateau Gantkofel-Penegal.

Die Gegend liegt außerdem an der geologischen Trennungslinie der Alpen, an der die eurasische und die afrikanische Kontinentalplatte aufeinander treffen. Bemerkenswert der Gampen-Bunker, der zwischen 1935–1939 unter Mussolini errichtet wurde, und in dem jetzt Ausstellungen wechselnder Art zu sehen sind. 


PINNWAND: Die Fraktionen Unsere Liebe Frau im Walde (italienisch: Senale) und St. Felix (San Felice) am Deutschnonsberg bilden die Gemeinde „Unsere liebe Frau im Walde-St. Felix“. Zum Ort zählen außerdem die Höfe Malgasott.