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Fernseh-Nachrichten aus dem Eifeldörfchen Hengasch

Als Liebhaber der Kultserie Mord mit Aussicht stelle ich mir die Frage, ob sich das Fernseh-Rad zurückdrehen und nahtlos anknüpfen lässt an eine erfolgreiche Vergangenheit. Caroline Peters (Sophie Haas), Bjarne Mädel (Dietmar Schäffer), Meike Droste (Bärbel Schmied), Petra Kleinert (Heike Schäffer) und Michael Hanemann (Hans Zielonka) hatten zwischen 2008 und 2014 im fiktiven Eifeldörfchen Hengasch die Revierwache samt Anhang gebildet und skurrile Fälle mit teils obskuren Typen erlebt. Dann war Schluss mit lustig, die Serie wurde vorübergehend eingestellt, zum Unwillen einer großen Fangemeinde. Im März 2022 folgte eine sechsteilige Fortsetzung mit (teils neuem) Personal.

Diese Fortsetzung erfordert indessen einen Rückblick. Die alte, 39-teilige Serie — inzwischen in zahlreichen Wiederholungen der Dritten Programme abgenudelt — war ein Publikumsrenner. Am 16. Dezember 2014 endete die letzte Staffel mit einer Geisel-Befreiung und Entbindung in einer kleinen Waldhütte (Titel: Sophie kommet doch all), was sich 6,75 Millionen Zuschauer zu Gemüte führten. Volker Herres, Programmdirektor Erstes Deutsches Fernsehens, lobte damals: 

„Das ist ein toller Erfolg für das gesamte Team vor und hinter der Kamera, denn der ganz besondere Reiz und Witz von Mord mit Aussicht beruht auf einer hinreißenden Ensembleleistung.

Die Zuschauerzahl entsprach einem Marktanteil von 21,4 Prozent, umso unverständlicher blieb für eine große Fangemeinde, warum die Serie nicht fortgesetzt wurde, zumal die positiven ARD-Verlautbarungen sich geradezu überschlugen.

Maßstäbe gesetzt: Caroline Peters, Meike Droste, Bjarne Mädel (Foto: Imago/Future Image)

Angesichts der Einschaltquoten verkündete die ARD, mit der dritten Staffel habe das Team aus Hengasch so viele Zuschauerinnen und Zuschauer begeistern können wie nie zuvor. Durchschnittlich 6,52 Millionen hätten die letzte Folge gesehen, ein Marktanteil von 20,9 Prozent.

Umso irritierender war die Beendigung der Kultserie. Natürlich war zu erkennen gewesen, dass sich manche Gags der Reihe abgenutzt und totgelaufen hatten, doch darum ging es weniger. Querelen um Gagen und stetige Kürzung der Drehtage waren ausschlaggebender. Es war von einer schöpferischen Pause die Rede, aber es dauerte sieben Jahre, ehe sich die ARD entschloss (offensichtlich auch auf Wunsch zahlreicher Fans), Mord mit Aussicht wieder aufleben zu lassen, allerdings mit frischen Hauptfiguren, da sich die alten längst in anderen Produktionen etabliert hatten. Die Neuen durfte der Fernsehkonsument im März und April 2022 begutachten. 

Weil Mord mit Aussicht einen speziellen Charakter hat, stand das Personal unter scharfer Beobachtung des Publikums. Keine leichte Bürde für Katharina Wackernagel, Sebastian Schwarz und Eva Bühnen. Katharina Wackernagel ahnte schon früh, dass es nicht leicht sein würde, das vorherige Team zu ersetzen. Über ihre Rolle sagte die 42-Jährige noch vor den Drehtagen:

Die Geschichten aus Hengasch weiter zu erzählen, ist wohl für jede Schauspielerin eine großartige Herausforderung. Wir treten in große Fußstapfen und die Erwartungen der Fans zu erfüllen, wird nicht leicht sein.

Katharina Wackernagel im fiktiven Hengasch. (Foto: Imago/Future Image)

Das traf den Punkt. Witzige Momente gibt es in den neuen Folgen, doch das krampfhafte Bemühen, an die Vorgängerserie anzuknüpfen, war permanent spürbar und viele Meinungen in den sozialen Medien dürften nicht gerade beglückend für die Macher gewesen sein. Katharina Wackernagel wirkte oft seltsam verloren, die Geschichten zu dick aufgetragen. Heike Schäffer (Petra Kleinert) sagte in der fünften Folge beim Betrachten eines Bildes den Satz: „Das ist Schrott!“, womit sie unbeabsichtigt wohl auch ein Urteil über das „neue Hengasch“ aussprach, das gleichwohl fortgesetzt wird. Im Frühjahr 2023 wurden 13 weitere Folgen gedreht, Sendetermin soll das zweite Quartal 2024 sein. Man darf gespannt sein, ob sich die Qualität verbessert… (mit ARD-Informationen)