Der ehemalige sowjetische Kosmonaut Alexej Leonow ist am Freitag, 11. Oktober 2019, im Alter von 86 Jahren in Moskau gestorben. Der Russe spielte in der UdSSR-Raumfahrt eine besondere Rolle, denn er war der erste Mensch, der bei einem Raumflug in den freien Raum ausstieg. Das war am 18. März 1965, also vor 54 Jahren. Heutzutage sind Ausstiege Routine, damals war es eine Sensation. An das Ereignis erinnert sich heute kaum noch jemand. Wenn Weltraumflieger vieler Länder aus der Internationalen Raumstation (ISS) aussteigen, um oft stundenlang im freien Weltraum zu arbeiten, wird das in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen.
Als 1965 der damals 31 Jahre alte Leonow jedoch die Kapsel Woschod 2 durch eine Luftschleuse verließ und sich an einer langen Leine 12 Minuten und neun Sekunden im Vakuum aufhielt, war dies eine außergewöhnliche Sache. Um 10.00 Uhr Moskauer Zeit war die Rakete von der Startrampe 1 in Baikonur mit ihm und Kommandant Pawel Beljajew gestartet worden. Neun Minuten später trat das Schiff in die Umlaufbahn ein. Die kleinste Entfernung von der Erdoberfläche betrug 173, die größte 498 Kilometer. Der Neigungswinkel der Umlaufbahn zur Erdoberfläche betrug 65 Grad, eine Erdumkreisung dauerte 90,9 Minuten. Verantwortliche für die Durchführung des Fluges waren die so genannte Staatliche Kommission und Chefkonstrukteur Sergej Pawlowitsch Koroljow.
Der Flug war erfolgreich und ist ein bedeutendes historisches Ereignis der Raumfahrt. Doch während des Fluges gab es drei äusserst kritische Situationen. Weil sich der Raumanzug Leonows während seines Weltraumausstiegs unerwartet stark aufgebläht hatte, kam er nicht mehr durch die enge Schleuse zurück ins Raumschiff. Nur durch eine riskante und lebensgefährliche Absenkung des Sauerstoffdrucks schaffte er es, in die Woschod zurückzukehren.
Als die Rückkehr zur Erde beim 16. Umlauf erfolgen sollte, versagte die dafür vorgesehene Landeautomatik, so dass im 18. Umlauf eine handgesteuerte Variante eingesetzt wurde. Aufgrund der zwei zusätzlichen Erdumkreisungen verschob sich jedoch auch der vorgesehene Landeplatz nach Sibirien. Die Notlandung erfolgte 180 Kilometer nordöstlich von Perm in einem hohe gelegenen, unzugänglichen und dicht verschneiten Tannenwald. Zwei Nächte mussten Leonow und Pawel Beljajew dort unter unwirtlichen Verhältnissen ausharren, ehe sie von den Rettungsmannschaften geborgen werden konnten: was allerdings von der sowjetischen Presse verschwiegen wurde.
Während Pawel Beljajew bereits im Januar 1970 nach einer schweren Magenerkrankung verstarb, machte Leonow, der auch für eine Landung auf dem Mond vorbereitet worden war, 1975 noch einmal Schlagzeilen. Als Kommandant von Sojus 17 koppelte er mit einer amerikanischen Apollo, was damals als Meilenstein in der Entspannungspolitik zwischen der Sowjetunion und den USA angesehen wurde.
Zur Vorbereitung des Fluges trainierten Leonow und sein Kollege Valerie Kubassow auch in Houston. Umgekehrt bereiteten sich die us-amerikanischen Astronauten Thomas Stafford, Vance Brand und Donald Slayton im Sternenstädtchen bei Moskau auf den historischen Flug vor. Nach dem erfolgreichen Unternehmen war Alexej Leonow im Interkosmos-Programm für die Vorbereitung der Raumflieger aus sozialistischen Ländern verantwortlich, darunter auch des 2020 verstorbenen DDR-Raumfahrers Sigmund Jähn.