Wer selbst taucht, oder nur im Fernsehen Bilder aus der „Unterwelt“ der Ozeane und Meere sieht, ist von der Schönheit der Natur immer wieder aufs Neue fasziniert. Die Franzosen Jaques-Yves Cousteau (1910-1997) und Jaques Picard (1922-2008) gehören zu den berühmtesten Tiefseeforschern, Cousteau selbst schuf ein halbes Dutzend Kinofilme, produzierte über 120 TV-Sendungen und verfasste rund 50 Bücher. Doch ausser diesen Männern machte auch noch ein anderer Schlagzeilen in dieser Branche: der Wiener Zoologe und Meeresforscher Hans Hass (1919-2013).
Der Österreicher hatte bereits 1939 einen ersten Unterwasserfilm hergestellt (drei Jahre vor Cousteau) und sich damit erste Lorbeeren gesichert. Im August 1951 war sein Dokumentarfilm „Abenteuer im Roten Meer“ in den Kinos zu sehen, und Hans Hass wurde attestiert, einen Film gemacht zu haben, der interessanter und spannender war als viele Spielfilme jener Jahre.
Die Beschreibungen in den Tageszeitungen waren fast enthusiastisch. Ein gewisser Alfred Happ schrieb in der Tageszeitung „Frankfurter Rundschau”:
„Das Eigentliche sind hier glitzernden Lichter der Tiefe, die Urlandschaften der Korallengebirge, die Urrhythmen der Fischschwärme und ihre märchenhafte Schönheit.“
„Die Neue Zeitung“, damaliges Blatt der US-Besatzungsbehörde, begeisterte sich gleichermaßen für den Film:
„Das Faszinierende sind weniger die – an sich natürlich einzigartigen – Aufnahmen seltener und gefährlicher Meerestiere aus nächster Nähe, sondern die Darstellung des in eine Welt der Schwerelosigkeit und Phantastik versetzten Menschen.“
Diese Beurteilungen lockten auch mich ins Kino. Zwar hatte der schwarzweiße Dokumentarfilm nur eine dünne Handlung, doch als junger Zuschauer empfand ich, dass Hans Hass einige Spielelemente und Berichte über Fauna und Flora des Roten Meeres locker zu verbinden verstand. Beispiellose Unterwasseraufnahmen machten den Film für mich zu einer Attraktion. Einen Kritiker kam wohl zu dem gleichen Schluss, als er schrieb:
„Wie diffuses Licht von der Oberfläche herabfließt und geheimnisvolle Tiefen ausleuchtet, wo alles lebt, sich bewegt, und in üppigen Gestalten blüht, das ist ein geradezu ideal filmisches Zusammenspiel von Rhythmus, Licht und Form.“
Obwohl „nur“ in Schwarz-Weiss, waren die Bilder in jenen Jahre außergewöhnlich. Hass erwies sich nebenbei bemerkt auch noch als wahres Multitalent. Er war sein eigener Produzent, Regisseur und Hauptdarsteller, schrieb das Drehbuch, war Kameramann und besorgte zu guter Letzt auch noch den Schnitt. Weitere wichtige Mitarbeiter am Film waren neben seiner Assistentin und späteren Frau Lotte Baierl der Kameramann Leo Rohrer und der Taucher Gerald (Jerry) Weidler.
Dass Hans Hass sich mit einigen seiner Mitarbeiter zerstritt, manches zugesagte Honorar nicht zahlen wollte (oder konnte), was zu lang andauernden arbeitsrechtlichen Streitigkeiten führte, wird an dieser Stelle nur der Vollständigkeit halber erwähnt; auch dass er Lotte Baierl später ehelichte, sei nur der Chronistenpflicht wegen mitgeteilt, weil schließlich Privatsache. Die Wirkung des Films, der am 19. August 1951 beim Filmfestival in Venedig uraufgeführt wurde, und vier Tage später in Deutschland seine Premiere hatte, wurde trotz all dieser Querelen nicht gemindert.