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Zeitgeschichte

Rosa Luxemburg redet
im Titania Klartext

Das Titania-Gebäude in Frankfurter Stadtteil Bockenheim hat eine bewegte Vergangengeit. Sogar Rosa Luxemburg (Foto: Shutterstock) hielt hier eine berühmte Rede.

Als ich dieser Tage nach langer Zeit im Frankfurter Stadtteil Bockenheim unterwegs war, stand ich einige Minuten in der Basaltstraße vor dem Haus Nr. 23, in dem einst die Titania-Lichtspiele beheimatet waren. Erinnerungen wurden wach: Eisfabrik, Liederhalle. Gewerkschaftshaus, Lichtspieltheater…

Auch der politische Aspekt spielte eine wichtige Rolle. Hier hielt die Sozialistin Rosa Luxemburg am 26. September 1913 ihre flammende Rede gegen Militarismus und Krieg, worauf sie von den kaiserlichen Behörden umgehend „wegen Aufruhrs” verhaftet wurde. Sie wurde zwar wieder freigelassen, aber im Februar 1914 wegen der „Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und Anordnungen der Obrigkeit“ zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt. An diesem Haus hat die „Hessische Rosa-Luxemburg-Stiftung” deshalb eine Erinnerungstafel anbringen lassen, auf der die Geschehnisse von damals in Kurzfassung festgehalten sind.

Doch auch ohne den Auftritt von Rosa Luxemburg hat das Titania eine interessante Vergangenheit. Um 1900 hatte hier schon eine Eisfabrik gestanden, die den damals direkt daneben liegenden Schlachthof belieferte, dann wurde daraus die Lieder- und Versammlungshalle der Gewerkschaften mit umfangreicher Bibliothek („Zur Liederhalle”). Im Jahr 1928 errichtete ein Gastwirt namens Müller ein Kino, modernisierte es 1941 und schloss den bis dahin bestehenden Gastraum, um ein grösseres Foyer einzurichten. 

In den beiden Weltkriegen hatte das Titania zeitweise als Lazarett gedient, nach 1945 – das Gebäude war bei den Fliegerangriffen überraschend fast unversehrt geblieben – wurden die Titania-Lichtspiele (600 Plätze) als eines der ersten Kinos in Frankfurt im Februar 1946 mit dem Film „Sieben junge Herzen” wieder eröffnet. 

Die Gedenktafel am Haus Basaltstraße 23. (Foto: Erich Stör)

Als ich jetzt vor dem Haus stehe, um die Luxemburg-Erinnerungstafel zu fotografieren, erinnere ich mich daran, dass ich in diesem traditionsbeladenen Haus kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges den Film „Meine Frau die Hexe” in Originalfassung mit deutschen Untertiteln gesehen habe. Diese turbulente Komödie mit der glänzenden Veronica Lake (Jennifer), der unvergessenen Susan Hayward und dem Charakter-Darsteller Frederic March war mir auch einen weiten Weg wert.

In der „Frankfurter Rundschau” hatte ich gelesen, dass dieser Film im Titania lief. Mit der Linie 3, die vom Zoologischen Garten nach Rödelheim führte, fuhr ich von der Innenstadt zur Leipziger Strasse in Bockenheim  – eine lange Fahrt durch das immer noch von Trümmerhaufen gezeichnete Frankfurt, selbst mit der Straßenbahn.

Viele Jahre sind seitdem vergangen, aber es hat sich nicht viel verändert seit damals. Die Basaltstrasse ist immer noch schmal, Bürgerhäuser auf beiden Seiten, der Eingang zum Kino im Hinterhof sieht aus wie früher, nur die vielen parkenden Autos machen den Unterschied  – oder auch, dass das Titania eben kein Kino mehr ist.

Wie für andere Lichtspielhäuser war das Aus für das Bockenheimer Lichtspieltheater Ende der Siebziger Jahre gekommen. 1985 wurde das Gebäude schließlich von der Katholischen Kirche gekauft, und bald darauf von der Frankfurter Saalbau GmbH übernommen und zum Bürgerhaus umfunktioniert. 

Seit 1997 war es vorübergehend Spielstätte des Galli-Theaters, seit Oktober 2005 heißt es wieder Titania-Theater und ist seit September 2011 die Heimstatt des „Freien Schauspiel Ensembles Frankfurt” und bietet auch anderen freien Theatergruppen die Möglichkeit, ihre Produktionen aufzuführen. Auch daran ist zu sehen, wie trationsreich das Haus ist…