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Küsses des scheidenden
Sommers läuten Herbst ein

Zeit der fallenden Blätter, geschrumpfte Tage, Melancholie, Nebelschwaden im Morgenlicht: Herbst, gemacht für Dichterinnen und Dichter, egal in welcher Epoche.

Alle sind dem Herbst verfallen, haben ihre Verse beigesteuert, um dieser seltsamen Jahreszeit ihre Ehre zu erweisen, sie zu würdigen, sich vor ihr zu verneigen, Worte zu finden für die Schönheit des Vergehenden. Wer kennt sie nicht? Else Lasker-Schüler, Joseph von Eichendorff, Ricarda Huch, Heinrich Heine, Rainer Maria Rilke, Anette von Droste-Hülshoff, Theodor Storm, Hermann Löns, Wilhelm Busch, Friedrich Hölderlin, Theodor Fontane, um nur einige zu nennen. Die Liste ist unvollständig, wer hätte anderes erwartet? 


Wer auf modernen Suchmaschinen des Internets den Begriff „Herbstgedichte“ eingibt, wird überschüttet mit ihren Worten von kürzeren Tagen, vielfältiger Schönheit fallender Blätter und reifender Früchte. Friedrich Hebbel (1813-1863) hat das in die Worte gefasst:

Heinrich Heine (1797-1856) prägte die deutsche Sprache, machte Ereignisse des Alltags lyrikfähig und schuf Kleinode, die ihren Ursprung oft in Reiseberichten oder Zeitungsartikeln hatten. Heines Loreley-Gedicht ist ein Beispiel dafür. Sein Text „Der scheidende Sommer“ beschreibt den Wechsel zum Herbst in einfühlsamen Worten.

Rainer Maria Rilke (1875-1926) schrieb Herbsttag 1902 in Paris, wo er an einem Text über den Bildhauer Auguste Rodin arbeitete. Rilke, dessen Frau Clara Westhoff, eine Bildhauerin, in Berlin geblieben war,  schildert in drei Strophen den Übergang vom Sommer zum Herbst. Die Trennung von seiner Frau dürfte in seinem Gedicht Niederschlag gefunden haben.

Der Herbst hat gewiss nicht nur schöne Seiten. Es ist trüb, nebelig und wer nicht aufpasst, kann sich schnell nasse Füsse holen. Der Himmel ist meist grau, Stürme und Hochwasser bringen Kummer und Leid. Das glänzende braunrotbgelbe Laub ist manchmal verschmiert und glatt. Für die Menschen ist es auch die Brombeerzeit, wie in einem Roman von Barbara Noack beschrieben.

Stimmungsvoll bunter Waldblick. (Foto: Jan2021 / stock.adobe.com)

Herbst des Lebens! Aber die goldene Tage, die mit strahlendem Sonnenschein zwischen Oktober und Dezember unser Herz erfreuen, verschönern diese eigenartige Zeit, die der französische Maler und Grafiker Henri de Toulouse-Lautrec mit den Worten beschrieben hat:  „Herbst ist der Frühling des Winters.“

Beschließen wir diesen Beitrag mit den Worten des Dichters Eduard Mörike (1804-1875), der dem Herbst diese Zeilen gewidmet hat.