Der heitere Roman „Es bleibt natürlich unter uns” spielt im Milieu der Zeitungsmacher in einer eher beschaulichen und fiktiven oberbayerischen Kleinstadt namens Aldenberg. Das schmale, schon ein wenig verschlissene Taschenbuch ist mir beim Durchstöbern eines Bücherschrankes in die Hände gefallen. Geschrieben von Horst Biernath wird das „Sittenbild” einer Kleinstadt lebendig. Ich beginne zu blättern, und bin bald vertieft in das Gedruckte…
Die Figuren werden lebendig, und fesseln von der ersten bis zur letzten Seite. Skurrile Geschehnisse reihen sich aneinander, die Menschen scheinen Gestalt anzunehmen und lösen entweder nachdenkliches Schmunzeln oder gar herzhaftes Lachen aus. Der schlitzohrige Metzger und Lamm-Gastwirt Xaver Pflanz ist dabei ebenso liebenswert wie der knorrige Zeitungsherausgeber Alois Lobmüller. Ganz zu schweigen von dem etwas tollpatschigem und auf Brautschau befindliche Straßenkehrer Martin Schmölz oder Dr. Benjamin Wagenseil, seines Zeichens Direktor des Gymnasiums und Geflügelzüchter – alle werden mit ihren Schwächen und Stärken gezeichnet.
Ein junger, flotter Mann
Nicht zu vergessen die Hauptpersonen. Der junge Redakteur Lothar Lockner, der neu in das Städtchen kommt, und sich sogleich in Jo Klapfenberg verliebt, die als Tochter des Kaufhaus-Besitzers Joseph Klapfenberg eine gute Partie ist, aber auf den leichtlebigen Fred van Dorn hereingefallen ist, von dem sie ein Kind erwartet; der alte Klapfenberg selbst, ein religiöser Eiferer, der sich nicht einmal scheut, aus „moralischen Gründen” das „Zipferl” eines kleinen Buben an einem Brunnen abzusägen – oder die sagenumwobene Großmutter, die immer noch mit eisernem Willen die gesamte Klapfenberg-Familie regiert.
Die Menschen und Geschehnisse werden von Biernath (1905-1978) zu einem wunderbaren Cocktail des Humors zusammengemischt. Das Lesen macht Freude, weil der Leser von der ersten bis zur letzten Seite spürt, das hier jemand mit Herzblut an der Schreibmaschine saß und nicht nur eigene Erfahrungen einfließen ließ, sondern auch auf das hörte, was ihm zugetragen wurde.

Mit Fingerspitzengefühl, Herzlichkeit und Detailtreue erzählt der Schriftsteller vom Alltag der Menschen in Aldenberg und es ist unübersehbar, dass eigene Erfahrungen aus Traunstein und Trostberg verarbeitet worden sind, wo Biernath zuletzt lebte. Auch autobiographische Erlebnisse scheinen eingeflossen sein, denn auch Lothar Lockner kommt – wie Biernath selbst – von einer Zeitung aus Würzburg in das fiktive kleine Städtchen.
Bei allem Witz und Humor belieben die ernsten Seiten des Lebens nicht ausgespart. Der Tod von Joseph Klapfenberg, der unter einer Dachlawine um’s Leben kommt, gibt dem Ganzen sogar eine tragische Note. Zuvor schon hat der behinderte Pflanz-Sohn Sepp mit zwei Steinwürfen einen alten Mann getötet. Die Vielfalt des Lebens spiegelt sich in vielen Facetten wider.
Nichts für Literaturkritiker
Natürlich spürt man an einigen Stellen die Jahrzehnte, die seit dem Schreiben des Romans vergangen sind. Manche Dinge (Stichwort: Ledige Mutter) werden heutzutage doch etwas anders „gehändelt” – was das Vergnügen am Buch freilich keineswegs schmälert. Literaturkritiker werden ein solches Buch erst gar nicht zur Kenntnis nehmen, weil zu trivial. Doch gerade dieser Umstand macht es so lesenswert.
PINNWAND: Ein anderer Roman von Horst Biernath („Vater sein dagegen sehr”) wurde 1957 von dem Regisseur Kurt Meisel mit Heinz Rühmann, Marianne Koch und Hans Leibelt verfilmt.