Die beiden Kerle, so sagt es die Legende, sollen sich aus Langeweile im nördlichen Odenwald solange mit Steinen beworfen haben, bis sie sich unter riesigen Brocken wiederfanden, was gleichzeitig als Geburt des Felsenmeeres interpretiert wird. Das ist längst Vergangenheit, liegt in grauer Vorzeit, heute ist Klettern und Herumtoben das Maß der Dinge; gerade für Jugendliche und Kinder. Aber die Naturschönheit muss auch erst mal entdeckt werden.
Es liegt nun schon einige Jahre zurück, dass ich als Teilnehmer einer Bildersuchfahrt den Odenwald intensiver kennenlernte. Sehenswürdigkeiten und Attraktionen gibt es ja genug in der hügeligen Naturlandschaft, die im Norden beim Weinort Groß-Umstadt beginnt und im Süden vom romantischen Neckartal begrenzt wird. Östlich bilden der Main auf knapp 35 Kilometer und danach die Gemeinden Miltenberg, Buchen und Mosbach eine eher unklare Linie, im Westen ist die Bergstraße die natürliche Grenze zur oberrheinischen Tiefebene. Als grobe Eckpunkte des Gebietes können auch die Städte Darmstadt, Heidelberg, Aschaffenburg und Heilbronn dienen.

Von der Autobahnabfahrt Bensheim fahre ich auf der Bundesstraße 47 in Richtung Felsenmeer, durchquere Reichenbach, dem Hauptort der Großgemeinde Lautertal, um am Ortsausgang am Informationszentrum Felsenmeer zu parken. Nach kurzer Wanderung sehe ich die ersten mächtigen Steinbrocken, die sich zwischen den Bäumen auftürmen. In dieser realen Welt tummeln sich Wanderer oder Familien auf den herumliegenen Steinen. Der Weg führt aufwärts, durchaus beschwerlich, aber jeder Meter ist ein Erlebnis.
Ohne auf die Sagen Rücksicht zu nehmen, schätzen Geologen das Alter der Steine, bestehend aus dunkelgrauem Quarzdiorit, auf rund 340 bis 500 Millionen Jahre –: als Ergebnis des Aufeinenderprallens und anschließender Verschmelzung großer Urkontinente sowie Jahrmillionen alter vulkanischer Tätigkeit. Von wegen „Steinbeißer“ und „Felshocker“.

Für die Menschen sind Sagen natürlich schöner und spannender als geologische Befunde, auch wenn es kaum vorstellbar ist, dass hier die zwei Riesen „Steinbeißer” und „Felshocker” sich tatsächlich im Streit mit Steinen beworfen haben. Überliefert wird, „Steinbeißer“ habe oben auf dem Berg gesessen und deshalb mehr Steine zur Verfügung gehabt, „Felshocker“ sei weit unten klar benachteiligt gewesen, und von seinem Gegner mit Felsen zugeschüttet und begraben worden. Doch auch der „Steinbeißer“ sei schließlich vonr den Felsmassen verschüttet worden.
Noch heutzutage soll man die beiden manchmal vor Schmerz und Wut unter den Steinmassen lauthals stöhnen hören, sagen die einen. Andere aber behaupten, in Wirklichkeit schliefen die beiden Riesen nur, und zu hören sei lediglich ihr lautes Schnarchen. Wie das bei Sagengestalten halt so ist…