Am Anfang stand ein Film. Moselfahrt aus Liebeskummer. Später eine unfreiwillige Landung in einem Moselstädtchen bei einer Rückfahrt aus Luxemburg, Jahre danach die bekannten WM-Rallyes in den Weinbergen. Zwölfmal zog es mich zum kurvenreichen Fluss und die liebliche Landschaft im Rheinischen Schiefergebirge zwischen Hunsrück und Eifel.
Mancher dieser Trips waren beruflicher Art, andere nur gedacht zum privaten Geniessen, obwohl das Weintrinken nicht zu meinen Vorlieben gehört. Deshalb zählen Namen wie Kröver Nacktarsch, Piesporter Goldtröpfchen, Bernkasteler Doctor, Wehlener Sonnenuhr, Zeller Schwarze Katz, Brauneberger Juffer oder Ürziger Würzgarten nicht unbedingt zu meinem Vokabular. Mein Blick galt eher dem faszinierenden Fluss und der Landschaft. Für andere aber ist gerade die Qualität des Rieslings von Bedeutung.
Nach dem Kinostück folgte das erste reale Moselerlebnis Anfang der Sechziger Jahre. Rückfahrt von einer Fußball-Berichterstattung in Esch-Sur-Alzette in Luxemburg. Ein Kollege und ich zuckeln im VW auf der Bundesstraße 53 in Richtung Heimat. Die Straße windet sich wie der Fluss, führt rechts oder links entlang des Gewässers; im Rückspiegel die verblassende Sonne. In Bernkastel-Kues geraten wir unerwartet in ein Winzerfest mit Jubel, Trubel, Heiterkeit. Dem fröhlichen Treiben können (und wollen) wir uns nicht entziehen. Herzliche Bekanntschaft mit netten Leuten für zwei Stunden.

Jahre später. Die engen Wege in den Weinbergen dienen oft als Rallye-Pisten, WM-Läufe werden hier gefahren, hinauf und hinab, ich erlebe driftend-lärmende Autos zwischen grünen Rebhängen, was mir befremdlich erscheint in der lieblichen Gegend, in der sich Ort an Ort reiht. Fachwerkhäuser, Burgen, Strausswirtschaften, gepflegte Restaurants. Auf der Mosel gemächlich schippernde Motor- und Ruderboote, Schiffe der weißen Flotte oder wuchtige Lastkähne, aber oft gibt es auch Probleme mit dem Hochwasser.
Zwölf Besuche reichen nicht aus, um die Mosel wirklich zu erkunden, doch Aufenthalte in Osann-Monzel, Trittenheim, Neumagen-Dhron, Bernkastel-Kues, Traben-Trabach, Enkirch, Cochem schärften den Blick für die Schönheiten entlang des Flusses. In der von den Römern geprägten Landschaft – sie erbauten einst Trier – erzeugen Burgen und Ruinen mit den Weinbergen ein Bild der Harmonie.

Die malerischen Städtchen tun ein übriges, um die Last der Winzer in den Hintergrund zu rücken. Aber die Reben zu pflegen und im Herbst die Trauben zu ernten, erfordert Hingabe und ist schwere Arbeit, besonders an der Untermosel zwischen Pünderich und Koblenz, wo die Hänge so steil sind, dass die Reben nur auf schmalen Terrassen Platz finden. Der Schriftsteller Bruno Manz schrieb:
„Nirgends gibt es so extreme Lagen, nirgendwo solch steile Weingärten, in denen die Winzer bei ihrer Arbeit wie Akrobaten zwischen Himmel und Erde hängen.“
An Obermosel (etwa Perl-Konz) und Mittelmosel (etwa Trier-Reil) kleben dagegen die Rebstöcke wie Teppiche an den Hängen, was es für die Weinbauern einfacher macht. Selbst dieser Unterschied macht den Reiz der Region aus, und es ist gewiss kein Fehler, dieser Urlaubsgegend einen Besuch abzustatten.
PINNWAND: Bei dem eingangs erwähnten Film Moselfahrt aus Liebeskummer handelt es sich um ein sentimentales, aber heiteres Melodram nach einer Novelle von Rudolf G. Binding, in dem eine Witwe eine neue Liebe findet. Außer Elisabeth Müller, Will Quadflieg und Oliver Grimm rückt Regisseur Kurt Hoffmann die Mosel und beschauliche Städtchen ins Bild. Erstaufführung im November 1953 im Frankfurter Turmpalast.