Wenn der weiße Flieder wieder blüht… Jedes Jahr im Frühling, wenn sich in meinem Garten die prachtvollen Rispen vor dem strahlend blauen Himmel sanft im Wind wiegen, kriecht die Erinnerung hoch an diesen Film aus dem Jahr 1953. Die Komposition von Franz Doelle, berühmt geworden durch den Sänger Richard Tauber, gab dem Film den Titel; es war ein farbiger Unterhaltungsstreifen, der ausnahmsweise nicht im bayerischen oder österreichischen Landen spielte, wie die meisten Schnulzen der Fünfziger Jahre, sondern im Hessischen, vornehmlich in der Landeshauptstadt Wiesbaden.
Obwohl der Film immer wieder einmal im Fernsehen zu sehen ist, und auch DVDs existieren, müsste ich nicht unbedingt über ihn schreiben, auch wenn mit Magda Schneider und Willy Fritsch zwei alternde Stars der Dreissigger und Vierziger Jahre hier die Hauptrollen spielten. Von Hans Deppe inszeniert (Deppe war auch Regisseur von schmalzigen Kassenschlagern wie Schwarzwaldmädel und Grün ist die Heide) rankt sich das Geschehen um einen Revuesänger namens Bill Perry, der nach fünfzehn Jahren während einer Europa-Tour wieder in seine alte Heimat zurückkehrt, um seine von ihm geschiedenen Frau Therese (Magda Schneider) zu bitten, noch einmal ein gemeinsames Leben zu beginnen.
Wer denkt, es gehe alles seinen gewohnten Gang, wird eines anderen belehrt, denn es es gibt kein glückliches Ende zwischen den beiden, sondern es sinken sich Perry und seine langjährige Managerin Ellen (Hertha Feiler) sowie Therese und ihr vertrauter Lebenspartner Peter Schroeder (Paul Klinger) in die Arme. Obwohl Perrys 14-jähriges Töchterchen Evchen (Romy Schneider) ihren Vater anhimmelt, ist sie am Ende mit dieser neuen Konstellation auch zufrieden. Es gäbe also wenig Grund, sich mit diesem Film zu beschäftigen. Wenn da nicht noch etwas anderes wäre…
„Diese biedere musikalische Romanze verdient eigentlich nur deswegen Beachtung, weil hier zwei junge gleichaltrige Schauspieler ihren ersten Leinwandauftritt hatten, der für beide weitreichende Folgen haben sollte.“
Was den Film über die wenig inspirierende Handlung hinaus also sehenswert und auch filmhistorisch wertvoll macht, sind diese ersten Gehversuche von zwei Darstellern, die wohl auch dank (oder trotz) ihrer berühmten Eltern großartige Karrieren machen konnten: die bei der Uraufführung am 24. November 1953 im Stuttgarter Universum-Theater gerade einmal 15-jährige Romy Schneider und der gleichaltrige Götz George.
Romy Schneider war als Tochter der Filmstars Wolf Albach-Retty und Magda Schneider, die beide in zahlreichen leichten Komödien der Dreissiger und Vierziger Jahre auftraten, vorbelastet. Das galt auch für Götz George, hatte er doch noch imposantere Eltern vorzuweisen. Berta Drews und der legendäre Heinrich George waren Theater-Giganten, die aber auch in Filmen mitwirkten. Es hieße Eulen nach Athen zu tragen, würde ich an dieser Stelle über die Karrieren von Romy Schneider und Götz George viele Worte verlieren. Was seit seit ihrem Erstling Wenn der weiße Flieder wieder blüht aus ihnen geworden ist, ist hinlänglich bekannt.
Nur soviel: Während Romy Schneider sich nach ihren kommerziellen Sissy-Erfolgen in französischen und internationalen Produktionen von dem ihr aufgezwungenen Image der lieblich-süßen, jungen Frau befreite, machte Götz George nach einigen belanglosen Filmen vor allem im Fernsehen von sich reden, so unter anderem als Horst Schimanski in der gleichnamigen Tatort-Reihe. Götz George gestaltete indessen auch viele dramatische Rollen.
Beide Schauspieler sind nicht am Leben. Romy Schneider starb am 29. Mai 1982 in Paris, Götz George am 19. Juni 2016 in Hamburg.
Gleichwohl blüht jedes Jahr im Frühling der weiße Flieder in meinem Garten…