Anfang September 1951 lese ich (als knapp 17-jähriger Bursche und junger Filmfreund) im Lokalteil der Tageszeitung »Frankfurter Rundschau« eine Notiz über die ersten Dreharbeiten für eine Dokumentarfilm über Frankfurt. Nach Hamburg, Kiel, Braunschweig, Bremen, Hannover und Dortmund ist eine kleine Hamburger Produktionsfirma an den Main gekommen, um hier Städtebilder mit der Präsentation einheimischer Firmen zu verknüpfen. Es handelt sich also weniger um einen Dokumentar- als vielmehr einen Werbefilm. Der Bericht zeigt, dass am Sonntag in einem bekannten Modehaus erste Aufnahmen getätigt worden sind. Ich nehme das interessiert zur Kenntnis, messe dem allerdings keine große Bedeutung bei.
Am nächsten Tag begegne ich jedoch am Frankfurter Hauptbahnhof einem Kameramann, der den Hauptbahnhof aus verschiedenen Perspektiven aufnimmt. Ich spreche ihn an und erfahre, dass er im Auftrag der Hamburger Schrader-Film Aufnahmen für den Streifen „Frankfurt im Rhythmus der Zeit“ macht. Neben den üblichen Szenen vom Wiederaufbau der Stadt sowie Zoologischem Garten, Zeil, Römer, Hauptbahnhof und Palmengarten werden aufstrebende Frankfurter Firmen präsentiert, wofür sie natürlich zahlen müssen. Ich erinnere mich an die Zeitungsnachricht, habe also tatsächlich jemanden von den Filmmenschen getroffen.
Das ist ganz nach meinem Geschmack. Auf meine Bitte hin darf ich nach Absprache mit dem Regisseur, ein Mann namens Groll, zwei Tage lang (selbstredend ohne Honorar) als Praktikant bei den Dreharbeiten mitarbeiten und agiere dabei als „Handlanger“. Dem Kameramann helfe ich bei seinen Aufnahmen im Zoo, bei einigen Szenen im Möbelhaus Helberger in der Großen Friedberger Strasse darf ich den Part als Strippenzieher für die Beleuchtung übernehmen. Am nächsten Tag wird bei einer Firma in der Darmstädter Landstraße in Sachsenhausen gefilmt. Der Besitzer, ein Herr Reinelt, hat sich seit einiger Zeit mit einer so genannten Öl-Kaltwelle bei den Frauen eingeschmeichelt, und möchte noch mehr Kundinnen durch den Werbeschnipsel gewinnen. Mehrmals darf ich bei den Aufnahmen die berühmte „Klappe“ schlagen.
Diese erste „Filmarbeit“ ist eine interessante Erfahrung für mich, aber am tollsten finde ich, dass mir die netten Filmleute nach dem Drehschluss einiges von ihrem eigenen kargen Honorar zustecken. Einige Wochen später sehe ich den Film im Vorprogramm des Harmonie-Kinos in Sachsenhausen. Die 12 Minuten gehen wie im Flug vorbei, und ich bin ein bisschen stolz darauf, dabei gewesen zu sein; wenn auch nur als „Handlanger“ bei einem kurzen Werbefilm. Es wies mir jedenfalls den Weg zum Hobbyfilmer.