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Reise

Blonde und gutmütige Pferde aus dem Bergdorf Hafling

Zugegeben, mit Pferden hatte ich zeitlebens nicht viel zu tun, wenn man davon absieht, dass ich als Achtjähriger mit einer Bierkutsche und belgischen Brauereipferden im Geschirr durch Frankfurt zuckelte oder als junger Reporter für eine Frankfurter Tageszeitung eine kurze Zeit über die Rennen auf der Galopp-Rennbahn in Frankfurt berichtete. Dann aber liefen mir bei einem Urlaub in Südtirol auf dem sonnenüberfluteten Hochplateau Tschögglberg einige dieser gedrungenen Pferde mit den blonden Mähnen über den Weg und ich begann mich für diese Rasse zu erwärmen, die nach dem Ort Hafling über den Dächern von Meran benannt ist.

Der „Ort der Pferde“ liegt zwischen Bozen und Meran und trennt Etsch- und Sarntal. Aus Richtung Bozen kommend, führt die Autostraße vom Weinort Terlan in lang gezogenen Kehren bergwärts, auf der weiteren Fahrt werden die Orte Verschneid, Mölten, Schlaneid und Vöran passiert. Immer wieder sind auf den Wiesen grasende oder frischfröhlich umherjagende Haflinger zu sehen, ohne sich bei ihrem Treiben stören zu lassen. Die Gegend um Hafling liegt auf einer Höhe zwischen 1200 und 2500 Metern und besteht aus großen Almen und schattenreichen Wäldern. Von hier oben lässt sich von bestimmten Positionen ein Blick in das Etschtal und auf die Texelgruppe werfen. Genauso gut lässt sich natürlich von Meran herauffahren, ebenfalls kurvenreich: und wir sind oft genug nach Hafling gekommen, um hier zu wandern.

Das Bergdorf mit den Streusiedlungen St. Kathrein, Hafling Dorf, Hafling Oberdorf und Falzeben, knapp 1000 Bewohner,  hat den „Haflingern“ also den Namen gegeben, obwohl das kompakte Pferd ursprünglich aus Schluderns im Vinschgau stammt. Einer historischen Überlieferung zufolge hatte dort ein Mann namens Josef Folie 1874 aus einem orientalischen Hengst und einer galizischen Landstute ein Pferd gezüchtet, das für die Arbeit auf schmalen Saumpfaden in den unwegsamen Bergen unverzichtbar war. 

Weil sich die karge Gegend am Tschögglberg besonders gut für die Zucht eignete, versuchten immer mehr Bergbauern ihr Einkommen mit der Kunst des Pferde züchtens aufzubessern. Als schließlich sich erste Erfolg einstellten und durch Erlass des kaiserköniglichen Ackerbauministers 1898 die Bezeichnung „Haflinger“ durch die österreich-ungarische Donaumonarchie geschützt, und die Zucht in der Gegend um Hafling gefördert wurde, war dies zugleich die Geburt des „Haflingers“. 

Ein Haflinger auf der Seiser Alm. (Foto: Oliver Stör)

Die Unterstützung von „oberster Stelle“ hatte einen guten Grund. Dem Pony werden viele positive Eigenschaften zugeschrieben. Es gilt als fleißig und unkompliziert und ist für robuste Arbeiten durch Ausdauer, Gutmütigkeit und Trittsicherheit bestens geeignet. Haflinger sind nicht höher als 1,48 Meter, besitzen ein fuchsfarbenes Fell, das allerdings in dunklerer und hellerer Schattierung vorkommt. Am auffälligsten ist jedoch die lange, hellblonde Mähne.

Das Leben der Menschen in Hafling, knapp 1000 Einwohner zählend, und heute immer noch als Namensgeber der „Haflinger“ bekannt, wird seit 150 Jahren von den kleinen Pferden geprägt. Reitschulen und Kutschendienste gehören neben den Züchtern zum täglichen Leben, Beim Spazierengehen begegnen dem Wanderer allerorten die kleingewachsenen Tiere. Obwohl dem Namen nach Hafling noch immer das Zentrum der Zucht ist (oder zu sein scheint), werden inzwischen Haflinger vor allem in Bayern, Österreich und im Norden Italiens gezüchtet.

Waren die Haflinger früher noch überwiegend als Lasttiere unterwegs, weil sie „schweres Gepäck“ in schwierigem Geläuf klaglos zu tragen vermochten, sind sie in heutigen Zeiten auch als Familien- oder Freizeitpferde beliebt. Ihre Wertschätzung erfahren sie auch durch die traditionsreichen Haflinger-Wettbewerbe auf der Meraner Pferderennbahn. Die Osterrennen gehören jedes Jahr zu den Höhepunkten der Saison.