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Stadtbesuch

Rathaus prägt historische Altstadt von Frankenberg

Es ist schon beschwerlich, an einem Sommertag in Frankenberg vom Parkplatz nahe des Eder-Ufers über die Steingasse zum Unter- und danach am Marktplatz und Rathaus vorbei zum Oberdorf anzusteigen, gelegentliches Atemholen ist angebracht. Ich stehe auf den weitläufigen Plätzen, sehe mich umgeben von Fachwerkhäusern, eines schöner als das andere. Die Fassaden der Häuser sind in gutem Zustand und gepflegt, es ist ihnen anzusehen, dass sie mit Liebe (und viel Geld) in jüngster Vergangenheit erst restauriert worden sind.

Eine betagte Kleinstadt. Auf der Fahrt von Frankfurt nach Korbach mache ich eine kurze Rast im rund 18.000 Einwohner zählenden Frankenberg, in dem das Leben um die „Fünfhunderter Jahre“ begonnen hat. Damals wurde von den Franken zur Absicherung ihrer Pfründe (gegen die Sachsen) eine mächtige Burg errichtet. Zahlreiche Burgbedienstete waren erforderlich, was die Einwohnerzahl auch außerhalb des mächtigen Gemäuers anwachsen ließ. Doch der militärische Flecken dämmerte einige Jahrhunderte vor sich hin, ehe er im Mittelalter zur bedeutenden Handelsstadt avancierte, wovon auch die schmucken Fachwerkhäuser erzählen. Die Burg aber verfiel und heute sind (als historisches Andenken) nur noch Reste der Grundmauern erhalten.

Im Herzen der Altstadt stehe ich vor dem Rathaus mit seinen zehn Türmen: es ist ein Kleinod spätgotischer Baukunst. Deutschlandweit wird das außergewöhnliche Gebäude als eines der schönsten Rathäuser im Fachwerk-Stil eingeordnet, was natürlich subjektiver Betrachtungsweise geschuldet ist. Sei es wie es sei. Das Haus dient nicht nur der Verwaltung, in der Rathaushalle gibt es immer wieder kulturelle Veranstaltungen, an Samstagen lockt ein Markt der Landfrauen mit Leckereien aller Arten. Schade, dass ich an einem Freitag hier stehe…

Raub der Flammen

Ein kenntnisreicher Touristenführer berichtet von der wechselvollen Geschichte des Rathauses. Ich erfahre, dass ein erstes primitives Haus 1421 durch einen dreigeschossigen Fachwerkbau mit zehn Erkern und vier großen Toren ersetzt wurde. Das für seine Zeit prachtvolle Bauwerk erlebte nur 55 Jahre, wurde dann mit anderen Frankenberger Häusern bei einem Großbrand ein Raub der Flammen. 1509 bis 1513 erfolgte der Neubau in seiner jetzigen Form. Im Laufe viele Jahrhunderte wurden immer wieder Veränderungen und Erweiterungen vorgenommen. Restaurierungsarbeiten sind bis in die Neuzeit an der Tagesordnung. Die Deutsche Post würdigte die 500. Wiederkehr des Baubeginns 2009 mit der Herausgabe einer Sonderbriefmarke (Auflage: 168,6 Millionen).

In der Nähe steht die wuchtige, gotische Liebfrauenkirche mit drei Schiffen: eine weitere Attraktion der Stadt. Sie wurde 1286 im Stil der Marburger Elisabethkirche erbaut, aber beim Brand von 1476 ebenfalls schwer in Mitleidenschaft gezogen. Landgraf Heinrich III rief ganz Hessen zu Spenden für den Wiederaufbau auf.

Das Steinhaus mit stufenförmigem Giebel. (Foto: Sina Ettmer/stock.adobe.com)

Bei meinem Rundgang durch die Altstadt komme ich an der Einmündung des Obermarktes in den Pferdemarkt am Steinhaus vorbei, das als ältestes Gebäude Frankenbergs gilt (1240). Es sollte städtisch-bürgerliche Macht gegen die damals am anderen Ende des Marktes liegende Burg samt Kirche demonstrieren. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten häufig die Besitzer, darunter die Landgrafen von Hessen. Das Haus befindet sich heute in städtischem Besitz und wurde in den siebziger Jahren saniert und beherbergt die Städtische Bücherei.

Tierreicher Wildpark

Wer glaubt, dass Frankenberg nur mit den von mir  beschriebenen historischen Gebäuden und Fachwerkhäusern punkten kann, täuscht sich. Etwas entfernt von der der Altstadt und auf der anderen Seite der Eder befindet sich der Frankenberger Wildpark, in dem Bergziegen, Schwarz-, Rot- und Muffelwild neben anderem Getier leben. Der Ederhöhenweg führt durch den Park und erlaubt Beobachtungen aus nächster Nähe. »Die Tiere sind so zutraulich, dass sie sich auch von Kindern streicheln lassen«, wirbt die Stadtverwaltung für einen Besuch. 

Ob Altstadt, Rathaus, Kirche  oder Wildpark: – Frankenberg hat viele Gesichter. Es bezaubert und atmet, selbst bei einem Kurzbesuch…


PINNWAND: Frankenberg darf seit 2009 den Zusatz „Philipp Soldan-Stadt“ führen. Soldan (wahrscheinliche Lebenszeit: 1500-1569) war Bildhauer und Schnitzer und schuf Werke aus unterschiedlichen Materialien wie Holz, Stein und Eisen. Seine Figuren zählen zu den bedeutendsten Arbeiten der Renaissance und sind eng verknüpft mit seiner Heimatstadt.