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Hollywoodkino

Hopalong Cassidy reitet lässig durch 65 Western von gestern

Am Anfang der Filmgeschichte, etwa von 1903 an (Der große Eisenbahnraub) bis Mitte der 30er Jahre, bestand das Genre des us-amerikanischen Wildwestfilmes aus einfachen Bausteinen. Es wurde geschossen und geritten, es gab Gute und Böse (Indianer allemal), lärmend überfüllte Saloons mit Klaviergeklimper und Pokerrunden, natürlich Falschspielerei mit folgendem Schusswaffengebrauch, raffgierige Rancher und Cowboys auf galoppiernden Pferden. Aus diesen Versatzstücken wurden schlichte Streifen wie am Fließband auf die Leinwände gebracht. Western von gestern…

Bekannte Hollywood-Regisseure wie John Ford, Cecil B. de Mille und George Marshall schufen Ende der Dreissiger Jahre jedoch Western, die mit sozialpolitischen Tönen aufwarteten. Cecil B. de Mille drehte 1939 Die Frau gehört mir (Union Pacific) mit Joel McCrea und Barbara Stanwyck über den von Raubrittern und Spekulanten begleiteten Eisenbahnbau in den USA. John Ford erzeugte mit Höllenfahrt nach Santa Fe (Stagecoach, Ringo) nicht nur den Weltstar John Wayne, sondern ein Drama über die Verlorenheit der Menschen in der trostlosen Einsamkeit einer feindlichen Umwelt.

George Marshall fügte dem Film Der große Bluff (Destry rides again) mit James Stewart und Marlene Dietrich neben der Darstellung verbrecherischer Immobilenhaie auch musikalische und komödiantische Elemente hinzu. Diesen Western mit Niveau ist auch gemeinsam, dass nicht mehr Allerweltsdarsteller raufen und saufen, sondern etablierte Schauspieler als Protagonisten auftreten. Eine Entwicklung, die sich fortsetzen sollte…

William Boyd 

Zeitgleich blieben jedoch weiter so genannte „Serials“ erhalten, die als so genannte B-Movies mit Schwarz-Weiß-Blick das Leben im Wilden Westen abbildeten. Eine dieser Serienhelden war ein gewisser Hopalong Cassidy (William Boyd). In dem Film Die Wölfe von Kansas kämpft er als edler Sheriff gegen eine Gangsterbande, die ein kleines Städtchen und dessen friedliche Bewohner mit Überfällen und Viehdiebstählen in Atem hält. Und das tat Cassidy in vielen Kinos der Welt nicht nur in diesem Streifen. Auch in Gesetz der Prärie, Drei Männer aus Texas, Im Herzen von Arizona, Die Teufelsreiter von Texas, Todeskarawane, Wildwest-Banditen und Überfall in der Teufelsschlucht verrichtet er diese Arbeit,  eine immerwährende Geschichte mit leichten Variationen. 

Hopalong Cassidy also! Was für ein eleganter Mann das war! Bisher dahin hatte ich in anderen Wildwest-Filmen meist nur ungehobelte Klötze, bärtige oder wortkarge Raubeine gesehen, doch Cassidy war das Gegenteil. Dieser Held war immer schmuck und penibel gekleidet, mit dunklem oder grauem Hemd und schwarzer Hose, er trug einen großen, breitkrempigen Hut über dem schon weißen Haar, zwei Pistolen zierten seinem Gürtel. Immer im feinen Zwirn. 

Cassidy gab sich allerdings auch prüde, trank und rauchte nicht, hatte keine Frauengeschichten und war durch und durch ein konservativer Gutmensch, so wie ihn die meisten Amerikaner wohl schätzen. Damals wie heute. Nicht nur in den Wölfen von Kansas, sondern in weiteren 65 Filmen ritt Cassidy in dieser Aufmachung über die Leinwände und sorgte für „Recht und Ordnung“ nach seinem Gusto.

Dieser eigenartige Western-Held wurde stets von seinen etwas minderbemittelten, aber durchaus herzerfrischenden Kumpanen Lucky Jenkins (Russell Hayden) und wechselweise Windy Hallyday (George „Gubby“ Hayes) oder California (Andy Clyde) unterstützt. Sie gehörten zum Inventar der Serie wie auch der intelligente Schimmel Topper als ständiger Begleiter von Hopalong. Und fast alle diese Streifen sah ich im Frankfurter Roxy in der Vilbeler Straße, unweit der Scala, die heute noch unter dem Namen „Eldorado“ Filme zeigt.

Rauchende Colts

In den Wölfen von Kansas ist der verschmitzte, alte Clown Hayes freilich nicht dabei. Hayes war in Hollywood kein ganz großer Star, aber ein viel beschäftigter Darsteller. Auch in Serien mit den Western-Helden Gene Autry und Roy Rodgers war der Mann präsent, später sah ich ihn sogar auch in Filmen mit John Wayne und Randolph Scott. 

Und Cassidy? Er war so erfolgreich, dass es neben den Filmen eine Comic- und Heftreihe gab, er schaffte es Anfang der 50er Jahre sogar ins amerikanische Fernsehen und die Mehrheit der Crew, die dieses Serial zu verantworten hatte, produzierte bald darauf Rauchende Colts. Eine Serie, die auch hierzulande im Fernsehen zu sehen war und im Prinzip die Cassidy-Reihe fortsetzte.


PINNWAND: William Boyd, der Darsteller des Hopalong Cassidy, starb am 12. September 1972 im Alter von 77 Jahren in Laguna Beach (Kalifornien).