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Natur

Schnarchende Riesen im Odenwälder Felsenmeer

Der Odenwald ist reich an Sagen und Erzählungen. Einer der seltsamen Geschichten rankt sich um die Riesen Steinbeißer und Felshocker, die sich aus Langeweile im nördlichen Odenwald solange mit Steinen bewarfen haben sollen, bis sie sich unter riesigen Brocken wiederfanden, was als Geburt des Felsenmeeres angesehen wird. 

Es liegt einige Jahre zurück, dass ich als Teilnehmer von Bildersuchfahrten des MSC Überwald (Wald-Michelbach) den Odenwald intensiver kennenlernte. Sehenswürdigkeiten und Attraktionen gibt es genug in der hügeligen Naturlandschaft, die im Norden beim Weinort Groß-Umstadt beginnt und im Süden vom romantischen Neckartal begrenzt wird. Östlich bilden der Main auf knapp 35 Kilometer und die Gemeinden Miltenberg, Buchen und Mosbach eine unklare Linie, im Westen ist die Bergstraße  natürliche Grenze zur oberrheinischen Tiefebene. Als grobe Eckpunkte des Gebietes können die Städte Darmstadt, Heidelberg, Aschaffenburg und Heilbronn dienen.

Erlebnis

Von der Autobahnabfahrt Bensheim fahre ich auf der Bundesstraße 47 in Richtung Felsenmeer, durchquere Reichenbach, den Hauptort der Großgemeinde Lautertal, um am Ortsausgang am Informationszentrum Felsenmeer zu parken. Nach kurzer Wanderung sehe ich die ersten mächtigen Steinbrocken, die sich zwischen den Bäumen auftürmen. In dieser realen Welt tummeln sich Wanderer oder Familien auf den herumliegenen Steinen. Der Weg führt aufwärts, beschwerlich, aber jeder Meter ist ein Erlebnis.   

Abschüssige Geröllhalde im Odenwälder Felsenmeer bei Lautertal. (Foto: Oliver Stör)

Geologen schätzen das Alter der Steine, bestehend aus dunkelgrauem Quarzdiorit, auf rund 340 bis 500 Millionen Jahre: als Ergebnis des Aufeinanderprallens und Verschmelzung großer Urkontinente sowie Jahrmillionen alter vulkanischer Tätigkeit.  

Stöhnen 

Für die Menschen ist eine Sage natürlich schöner und spannender als geologische Befunde, auch wenn es kaum vorstellbar ist, dass hier die zwei Riesen Steinbeißer und Felshocker sich tatsächlich im Streit mit Steinen beworfen haben könnten. Berichtet wird, Steinbeißer habe oben auf dem Berg gesessen und deshalb mehr Steine zur Verfügung gehabt, Felshocker sei weit unten klar benachteiligt gewesen, und von seinem Gegner mit Felsen zugeschüttet und begraben worden. Auch Steinbeißer sei schließlich unter die sich immer stärker auftürmenden Felsmassen geraten (und begraben) worden.  

Noch heutzutage soll man die beiden manchmal vor Schmerz und Wut unter den Steinmassen lauthals stöhnen hören, sagen die einen. Andere aber behaupten, in Wirklichkeit schliefen die beiden Riesen nur, und zu hören sei lediglich ihr lautes Schnarchen. Wie das bei Sagengestalten so ist.