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Reise

Törggelen mit Rotwein, Speck und Esskastanien

Urlaub in der Nähe von Meran in Südtirol. Nichts Neues, gewiss nicht, wir waren schon häufig in der Gegend. Heute steht, wie könnte es anders sein, ein Wandertag auf dem Programm. Und natürlich darf der Gedanke an eine leckere Brotzeit im Herbst nicht fehlen. Zuerst fahren wir mit dem Sessellift von Algund nach Vellau in 900 Meter Höhe. Dort gibt es sanfte An- und Abstiege, sie laden zu ausgiebigen Spaziergängen, am Nachmittag steigen wir über den Saxner-Weg talwärts. Der Magen knurrt, am Wegesrand wirbt ein rustikaler Bergbauernhof mit dem einladenden Schild: „Heute Törggelen!“. Was bedeutet das?

„Törggelen“ ist auf einen alten Brauch der Bauern und Weinhändler zurückzuführen, die den frischen „Süßen“ einst zwischen Oktober und Weihnachten verkosteten, wozu ursprünglich nur die Erntehelfer eingeladen wurden. Heutzutage gehört das Törggelen indessen längst zur einheimischen Esskultur. Für Urlauber im Goldenen Oktober wird in Weinschänken, Hotels, Gasthäusern oder Bauernhöfen „getörggelt“, ist also längt zum folkloristisches Beiwerk (und Umsatzbringer) des modernen Tourismus geworden. 

In einer Zeitschrift für Urlaubsgäste lese ich später, dass der Begriff „Törggelen“ auf das lateinische torculus (Weinpresse, Kelter) zurückgeht. Daraus entwickelte sich später der Name „Torggl“ für den Ort, wo die Trauben gepresst werden, und wo man sich demnach zum „Törggelen“ traf. Das ist freilich Historie.

Saxner-Hof

Wir gehen auf der engen Terrasse über knarrende Dielen und nehmen Platz auf einer verwitterten Holzbank. Wir bestellen und genießen, von strahlender Sonne beschienen, einladend aussehende Köstlichkeiten. Ein leichter, frischer Rotwein, ein herzhaft schmeckendes Stück Speck, geröstete Esskastanien. 

Kastanienrösten beim Törggelen. (Foto: IDM / Manuel Ferrigato)

„Guten Appetit!“ sagt der knorrige Mann, der uns die Leckereien an den Tisch gebracht hat. Danke. Es mundet eine halbe Stunde lang. Beim Abschied erklärt uns der Mann, wohl der Bauer selbst, das er je nach Wunsch aus einen breiteren Palette anbietet, und nicht so sehr den alten Traditionen verhaftet ist. Aus seiner Küche und dem Keller kommen:

„Süßer oder junger Wein, auf jeden Fall Schlutzkrapfen, Kaminwurzen oder Speck. Manchmal serviere ich auch Schlachtplatten mit Knödel und Sauerkraut. Und geröstete Kastanien gehören immer dazu. Als Nachtisch biete ich meinen Gästen meist und je nach Wunsch Bauernkrapfen mit Marillen-, Mohn- oder Kastanienfüllung an.“

Im realen Gespräch bezeichnet der Mann den Süßen natürlich als Siaßen, den neuen Wein als Nuier, die Kastanien als Ketschn. Im Etschtal und im Vinschgau, an der Südlichen Weinstrasse und im Eisacktal wird das Törggelen besonders gepflegt.