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Zeitgeschichte

Radio Beromünster sendet auf Mittelwelle 531

Radio Beromünster, ein Schweizer Landessender, spielte im Zweiten Weltkrieg als neutrale  und unabhängige Stimme eine wichtige Rolle. Ein Rückblick in eine Rundfunkwelt, die heute mit modernsten Mitteln der Digitalisierung fortgeführt wird. Eine Ausstellung betagter Radios in Kelsterbach bei Frankfurt am Main weckte bei mir Erinnerungen an die Frühzeit des Rundfunks, als man das Gefühl hatte, mit den „Dampfradios“ ferne und fremde Welten erkunden zu können. Die leuchtenden Skalen mit berühmten Städten wie Tokio, Rom, London, Moskau, Paris oder New York waren damals schon aufregend genug, aber auch Namen wie etwa Sottens, Kalundborg, Bari, Hörby, Hilversum, Sundsvall, Daventry, Monte Ceneri und Beromünster faszinierten.

Und dieses Beromünster ist eine Legende! Den Schweizer Landessender hörte ich selbst erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg, und da war mir noch nicht bewußt, welche Rolle er in den Jahren zuvor gespielt hatte. Das erfuhr ich erst später, als ich mich etwas genauer über die Geschichte der Station informierte. Im Kanton Luzern war 1931 der Betrieb aufgenommen worden. Der Sender galt in der deutschsprachigen Schweiz schnell als Synonym für „guten Rundfunk“ schlechthin. Zuverlässige Nachrichten und interessante Kultur- und Unterhaltungsangebote waren das Kernstück. Das redaktionelle Bemühen um Qualität war stets spürbar. Bald wurde dem Sender jedoch ungewollt eine außergewöhnliche Rolle zuteil.

Denn weil das NS-Regime in Deutschland vor allem das neue Medium Radio für seine Propaganda nutzte (Goebbels hatte eigens zu diesem Zweck die Produktion des so genannten Volksempfänger angekurbel), waren neutrale, ausländische Radiostationen unter kritischen, deutschsprachigen Hörern immer mehr gefragt.

Informationsquelle

Der Landessender Beromünster war besonders beliebt. Nachdem der Sender 1937 seine Leistung erheblich verbessern konnte, war die Station plötzlich in weiten Teilen Europas, vor allem aber in Deutschland, gut zu empfangen.

Unter diesen Umständen wurde Beromünster auf Mittelwelle 531 kHz  im Zweiten Weltkrieg zu einer wichtigen Informationsquelle in vielen Ländern Europas. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges strahlte Beromünster noch viele Jahrzehnte seine Sendungen über die Mittelwelle aus, dann aber ging diese Ära zu Ende. Erst UKW und dann die Digitalisierung machten auch vor dieser Schweizer Institution nicht halt. Ende 2008 wurde der Sender abgeschaltet, wie so viele andere zuvor und danach.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb in einem Rückblick:

„Radio Beromünster erhielt in seiner 77-jährigen Geschichte drei Leben: als Programmkonzept, als Mittelwellensender und schliesslich als Mythos, als der es längst Eingang ins überzeitliche kollektive Gedächtnis gefunden hat.“

Rund um Beromünster und am Blosenberg, wo der große Sendemast heute noch unter Denkmalschutz steht, gibt es inzwischen einen Radio-Wanderweg, auf dem die Geschichte dieses Senders nachvollzogen werden kann. Damit werden auch Erinnerungen an die Jugendzeit des Rundfunks bewahrt, als knarrende Geräusche, Knistern und Rauschen die Ohren durchfluteten, oder babylonisches Stimmengewirr mit deutschen, englischen, französischen, italienischen, russischen und gänzlich unverständlichen Sprachfetzen das Hörerlebnis störten.

Modernste Technik hat die Radiowelt längst verändert, die Technik ist heute eine völlig andere, aber den Rundfunk gibt es noch immer und in vielen Schattierungen. Rundfunk scheint unverwüstlich, was auch an der Vielzahl öffentlich-rechtlicher und privater Sender zu sehen ist. Die Rund-um-die-Uhr-Berieselung ist jedenfalls garantiert. Und die legendären Radioübertragungen von der Bundesliga an den Samstagnachmittagen werden immer noch goutiert. Selbst das Fernsehen mit den bewegten, bunten Bilder kann dem Medium bis auf den heutigen Tag nicht das Wasser abgraben.