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Natur Reise

Auf dem Waalweg von Töll zur Obststadt Lana

Einer der schönsten und „gemütlichsten“ Wanderwege in Südtirol ist nahe der Kurstadt Meran zu finden. Es ist der rund zwölf Kilometer lange Marlinger Waalweg zwischen dem Etschkraftwerk im kleinen Partschinser Ortsteil Töll und dem Obstanbau-Zentrum Lana. Der Blick in das obstreiche Etschtal ist für den Wanderer faszinierend. Für alle, die in dieser Gegend Urlaub machen, ist ein Spaziergang dort ein Muss. Es ist eine Route für die vielen „Otto Normalverbraucher“, die auf Schusters Rappen unterwegs sind.

Natürlich auch für uns. Von Meran fahren wir mit dem Partschinser Bus nach Töll, einem Ortsteil von Partschins, wo die Wanderung direkt neben dem Wasserkraftwerk der Etschbetriebe beginnt. Anfangs ist der Ausblick ins Etschtal noch eher dürftig, denn der Weg ist felsig, es geht über künstliche Holzbrücken, die mit Stahlseilen an den Felswänden verankert sind, direkt darunter läuft das Wasser durch ein Rohr.

Da die Sonne an diesem Herbstmorgen noch nicht in diesen Winkel scheint, ist es vorerst kühl zwischen den schroffen Steinen. Doch schon bald wird die Landschaft offener, der Weg verläuft nun sanft durch Kastanienhaine und Apfelplantagen, später wird es unzählige Weintrauben entlang des Pfades geben, schimmernd im Licht eines Goldenen Oktobers. 

Eindruckvoller Marlinger Waalweg. (Foto: Frank Krautschick/stock.adobe.com)

Unter einer Brücke sehen wir einen Zug der hochmodernen „Vinschger Bahn”, wir passieren grüne Wiesen, blicken nach oben zu den Wäldern und nach unten auf die im Dunst liegende Kurstadt Meran mit ihrer imposanten Pferderennbahn. Bei Marling führt ein Steig hinunter zum Bahnhof, es wäre eine Gelegenheit zum Abstieg, aber wir wollen ja den ganzen Weg nach Lana erkunden.

Nachdem wir schon die Jausenstation Schönblick hinter uns gelassen haben, erreichen wir das Hotel und Restaurant Waldschenke, machen hier eine erste Rast, laben uns an Erdbeeren und Eis, trinken einen Cappuccino, dann wandern wir weiter in Richtung Schloss Lebenberg, das oberhalb des eigentlichen Weges steht. 

Unten liegt die Gemeinde Tscherms in der stärker werdenden Sonne. Bald passieren wir den so genannten „Erlebnispfad“, wo Informationen zu Flora und Fauna gegeben werden. Wir passieren noch weitere Gaststätten, machen noch einmal eine Pause, ehe wir nach rund vier Stunden die ersten Häuser von Lana erreichen. Hier führt der Weg steil hinunter ins Dorf, ein wenig beschwerlich für die Gelenke. Aber von unten fährt ja der Bus zurück nach Meran.

Wasserrad am Marlinger Waalweg. (Foto: Imago/Ulrich Wagner)

In diesem Herbst ist der Weg besonders erlebnisreich, viele bunte Blätter überall, manchmal ist der Waal eng, gegenseitige Rücksichtnahme und Höflichkeit der sich Begegneten selbstverständlich. Und ein freundliches „Grüss Gott“ gehört zum guten Ton. Doch heute sind wir früh aufgebrochen, die Zahl der Wanderlustigen hält sich noch in Grenzen.

Kostbares Wasser

Was ist das aber nun, ein Waalweg? Schon vor Jahrhunderten wurden in Südtirol so genannte Waale gebaut, denn wegen des geringen Niederschlags von nur rund 500 mm Regen im Jahr war die Erde für eine effektvolle Bewirtschaftung viel zu trocken.

Diese einst künstlich angelegten Wasserwege dienten zum Transport und zur Verteilung des Wassers an Höfe und Klöster im Vinschgau und im Meraner Becken. Zu diesem Zweck wurden lange Kanäle gegraben oder sogar in Felsen geschlagen. Überwiegend gespeist wurden die Waale von der Etsch. Sowohl Rohre aus Metall und Holz (sogenannte Kandeln) dienten als Leitungen. Zur Wartung und Kontrolle der Waale wurde ein Fußweg angelegt, zuständig für die Wartung des Systems war ein so genannter Waaler, der für Kontrolle der Kanäle und die gerechte Verteilung des Wassers sorgte. So war ein ganz neuer Berufsstand entstanden.

Eindringlicher Hinweis am Walweg. (Foto: Oliver Stör)

Einige dieser Waale sind heute noch in Betrieb, und einer ist eben der, den wir gerade hinter uns gebracht haben Ab 1737 soll er in zehn Jahren erbaut worden sein. Seine Beliebtheit ist der Tatsache geschuldet, dass er nur einen minimalen Höhenunterschied aufweist und einen unvergleichlichen Blick auf Meran und das so genannte Burggrafenamt erlaubt. Nebenbei bemerkt soll sich der Ausdruck Waal angeblich vom lateinische Aqua für Wasser ableiten.