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Pep Guardiola auf der Suche nach dem perfekten Spiel

Obwohl 1,80 Meter lang, ist er kein Kerl wie ein Baum. Eher intellektuell wirkend mit lichtem Haar und wachen Augen. Gleichwohl ein Gigant, der sein Metier erfolgreich beherrscht wie kein anderer: Pep Guardiola. Der spanischer Fußballtrainer ist das Maß der Dinge im Gewerbe der Übungsleiter. Mit 37 Titelgewinnen (FC Barcelona, Bayern München, Manchester City) innerhalb von nur 14 Jahren hat der Katalane eine beeindruckende Bilanz aufzuweisen. Seine bisher letzten Triumphe für Manchester City waren die Meisterschaft in der englischen Premier League, der Sieg im FA-Pokal gegen den Lokalrivalen Manchester United, der Gewinn der Champions League 2023 im Finale gegen Inter Mailand (1:0), der Erfolg im UEFA-Supercup gegen den FC Sevilla (1:1, 5:4 im Elfmeterschießen) und der Sieg im Finale der Klub-WM gegen den brasilianischen Klub Fluminense FC 4:0 (2:0).

Schon als Spieler war Guardiola an 16 Meisterschaften beteiligt und stand in der spanischen Mannschaft, die 1992 Olympiasieger wurde. Als Trainer ist Pep Guardiola Titelsammler geblieben. Er gilt als Besessener seines Berufs, der nicht nur den reinen Erfolg sieht. Seine Motivation liegt woanders. Er träumt vom perfekten Fußball, den es auf dem Rasen freilich nie geben wird, weil die Unwägbarkeiten des Spiels zu groß sind. Als Guardiola nach seinen Antriebskräften befragt wurde, berief er sich nicht auf die gewonnenen Titel, sondern sagte:

Mein Traum ist, mit meinen Spielern neue Ideen zu entwickeln und ganz neue Sachen auszuprobieren.“

Der Spanier, der als Spieler elf Jahre erfolgreich beim FC Barcelona agierte und durch seine hohe Spielintelligenz als verlängerter Arm von Trainer Johan Cruyff galt und später auch bei AS Rom und Brescia Calcio spielte, feilt an einem System, das von vielen Bewunderern als Guardiola-Stil bezeichnet wird. Dazu gehören hohes Tempo und das frühe Attackieren des Gegners. Voraussetzung ist die hohe, technische Qualität der eingesetzten Spieler: und vor allem der „Besitz des Balles“. Zwar haben die Ballstafetten im von Guardiola bevorzugten 4-3-3-System auch Nachteile, weil das schnelle und direkte Zuspiel mit seinen ausgetüftelten Laufwegen gegen extrem defensiv eingestellte Gegner schnell ermüdend werden kann, doch Guardiolas Philosophie bleibt davon unberührt. Sein Credo:

„Um gut zu spielen, muss man den Ball haben. Ohne Ballbesitz geht es nicht.“

In der konsequenter Anwendung des Ballbesitz-Fußballs sieht Guardiola den wesentlichen Schlüssel zum Erfolg, was sich bei den von ihm bisher trainierten Klubs eindrucksvoll bestätigt hat. Um dauerhaft Spitzenleistungen abrufen zu können, braucht es allerdings auch so etwas Profanes wie „glückliche Umstände“. Die hatte Guardiola am Beginn seiner Trainerkarriere im Übermaß, als er auf seiner ersten Arbeitsstelle am Camp Nou in Barcelona auf eine Heerschar der begabtesten Zauberkünstler der Welt traf.

Erste Triumphe in Barcelona

Welche großartigen Fußballspieler da versammelt waren! Neben den Jungspunden Lionel Messi und Andrés Iniesta gehörten in den Jahren zwischen 2009 und 2013 neben anderen Victor Valdez, Dani Alves, Carles Puyol, Gerard Pique, Xavi Hernandez, Xavi Torres, Samuel Eto’o, Thierry Henry, Zlatan Ibrahimovic, David Villa, Thiago Alcàntara und Javier Mascherano zum Team. Beim FC Barcelona mit überlegenem Ballbesitz den „Tiki-Taka“-Stil des direkten, schnellen Kurzpassspiels zu zelebrieren, schien fast spielerisch leicht — dabei war es harte Arbeit — und für die Zuschauer immer „großes Kino“. Die Belohnung für den Trainer (und natürlich den Klub) waren 14 nationale und internationale Titel.

Drei Jahre bei Bayern München

Als Guardiola nach einem Jahr Pause 2013 zu Bayern München wechselte, traf er an der Säbener Straße andere Voraussetzungen an als in Barcelona. Großartige Spieler standen auch auf dem Platz, aber sie waren doch anders gestrickt als in Barcelona. Gleichwohl setzte Guardiola seine Ballbesitz-Besessenheit auch in München um. Mit den spanischen Fußballern Javi Martinez, Juan Bernat, Xabi Alonso und Thiago Alcantara blieb er im Verbund mit den anderen Spielern seiner Grundphilosophie treu und gewann in den Jahren zwischen 2013 und 2016 sieben Titel. In der Champions League scheiterte Guardiola allerdings dreimal im Halbfinale: pikanterweise jeweils an spanischen Mannschaften. Erst an Real Madrid, dann am FC Barcelona und zuletzt an Atletico Madrid.

Reihenweise Titel in Manchester

Guardiolas Vater hatte nach dem Wechsel zu Manchester City 2017 geäussert, sein Sohn werde den englischen Fußball revolutionieren. Wenn das auch zu hoch gegriffen war, hat Guardiola mit Manchester City in den sechs Jahren seiner Tätigkeit bisher 15 Titel gewonnen. Chapeau! Ein Wermutstropfen war lange, dass Guardiola mit Manchester City in der Champions League viermal vorzeitig ausschied. Selbstkritisch meinte der Übungsleiter, in dieser Königsdisziplin habe er seine Aufgabe nicht befriedigend erfüllt. Immerhin holte er trotz einer schwachen Leistung seines Teams im Finale gegen Inter Mailand 2023 mit einen schwer erkämpften 1:0-Erfolg seinen persönlich dritten CL-Titel und für City das Triple, gekrönt von den Siegen im UEFA-Superpokal gegen Sevilla und bei der Klub-WM gegen Fluminense FC. Fünf Titel alleine im Jahr 2023.

Ohne das reichlich fließende Geld bei allen drei Vereinen sähe diese wahrhaft eindrucksvolle Serie von Erfolgen allerdings bescheidener aus. Es war Guardiola immer vergönnt, jene Spieler verpflichten zu können, die seiner Anschauung von Fußball am ehesten entsprachen. Das gilt vor allem für Manchester City, weil die Gelder aus der Schatulle der Investoren ihm den Zugriff auf jene Spieler ermöglicht, die am ehesten in sein Konzept passen.


PINNWAND 1, Guardiolas Erfolge als Spieler: Europapokal der Landesmeister: 1992 – Europapokal der Pokalsieger: 1997. – UEFA-Supercup: 1992, 1997. – Spanischer Meister: 1991, 1992, 1993, 1994, 1998, 1999. – Spanischer Pokal: 1997, 1998. – Spanischer Supercup: 1991, 1992, 1994, 1996. (alle Titel für den FC Barcelona) – Olympische Spiele: Goldmedaille mit Spanien. 

PINNWAND 2, Guardiolas Erfolge als Trainer: Champions League: FC Barcelona 2009, 2011, Manchester City 2023. – Klub-WM: FC Barcelona 2010, 2012, Bayern München 2014, Manchester City 2023. – Spanische Meisterschaft: FC Barcelona 2009, 2010, 2011. – Deutsche Meisterschaft: Bayern München 2014, 2015, 2016. – Englische Meisterschaft: Manchester City 2018, 2019, 2021, 2022, 2023. – Spanischer Pokal: FC Barcelona 2009, 2012. – Spanischer Superpokal: FC Barcelona 2010, 2011, 2012. – Deutscher Pokal: Bayern München 2014, 2016. –  Englischer FA-Pokal: Manchester City 2019, 2023. – Englischer Ligapokal: Manchester City 2018, 2019, 2020, 2021. – Englischer Superpokal: Manchester City 2019, 2020. – UEFA-Supercup: FC Barcelona 2010, 2012, Bayern München 2014, Manchester City 2023.