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Filmproduzent Koppel wird eine Bürgschaft verweigert

Trotz ihrer immer stark betonten demokratischen Grundordnung ist die Geschichte der Bundesrepublik reich an politischen Repressionen gegen Andersdenkende; Berufsverbote in den Siebziger Jahren oder auch verweigerte Bundesbürgschaften belegen das. Schon in der Adenauer-Ära gab es diese Repressionen. 1951 geriet der bekannte Hamburger Filmproduzent Walter Koppel ins Visier des Bonner Innenministeriums und wurde dabei an den Rand des Ruins getrieben. Ein skandalöser Vorgang, der ein bezeichnendes Licht auf die politischen Repressionen jener Zeit wirft.

Hintergrund: Zwischen 1951 und 1955 konnten deutsche Filmemacher Ausfallbürgschaften des Bundes beantragen, um gegen eventuell auftretende finanzielle Verluste gewappnet zu sein. Diese Bürgschaften sollen dazu dienen, die filmkulturelle Entwicklung in Deutschland anzuschieben, sie sind jedoch, wie am Fall von Walter Koppel zu sehen ist, von der Adenauer-Regierung gegen missliebige Personen missbraucht worden.

Revuefilm

Als Koppels Hamburger Real-Film nämlich 1951 das harmlose Revue-Musical „Die verschleierte Maja“ vorbereitete, wurde ihm eine solche Bürgschaft verweigert. Koppel war zuvor denunziert worden, weil er von 1945 bis 1949 Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gewesen war und demzufolge, so der Vorwurf, „nicht würdig“ war, eine Bürgschaft zu erhalten.

Obwohl Koppel vor einem Ausschuss in Bonn erklärte, seine kurzzeitige KP-Mitgliedschaft sei nur eine Reaktion darauf gewesen, dass seine jüdischen Eltern von der Gestapo ermordet worden waren, und er selbst jahrelang in Konzentrationslagern verbracht hatte, blieb die Bonner Regierung unter Federführung von Innenminister Robert Lehr bei ihrer repressiven Haltung. Es ist nicht auszuschließen, dass auch ein Zusammenhang mit dem im November 1951 von der Adenauer-Regierung beantragten KPD-Verbot bestand.

Wie der Filmregisseur Geza von Cziffra später in seinem biographischen Buch: „Es war eine rauschende Ballnacht“, (Ullstein-Verlag) schreibt, saßen in diesem Ausschuss neben einigen Ministerialbeamten unter anderen auch die Parteienvertreter Erich Mende (FDP), Karl Brunner (SPD) und Peter Nellen (CDU).

Interventionen 

Der „Verband deutscher Filmproduzenten“ setzte sich ohne Erfolg für sein Vorstandsmitglied Koppel ein, und auch die Intervention der britischen Filmbehörde, die einst die Lizenz zum Filmemachen an Koppel vergeben hatte, wurde ignoriert. Ähnlich wie bei US-Senator McCarthy, dessen Ausschuss Filmschaffende der USA wegen angeblicher „unamerikanischer Umtriebe“ verfolgte, wurde Koppel mit der Verweigerung der Bürgschaft politisch abgestraft.

Das Projekt „Die verschleierte Maja“ wurde schließlich von der Pontus-Film realisiert. Pikanterweise in den Studios der Real-Film. Der Streifen lebt fast allein von den Schlagern Michael Jarys (Gerhard Wendland: „Das machen nur die Beine von Dolores“, Anneliese Rothenberger: „Liebe ist ja nur ein Märchen“).

Während „Die verschleierte Maja“ gute Kasse machte, geriet die Real in eine finanzielle Schieflage. Es war dem Hamburger Bürgermeister Brauer zu verdanken, dass es mit der Filmproduktion an der Elbe weiter gehen konnte, denn die Hansestadt übernahm in der Folge die Bürgschaft für einige andere Real-Streifen.

Keine Angst

Walter Koppel drehte zwei Jahre nach dem Vorfall einen lockeren Film, dem er den bezeichnenden Titel „Keine Angst vor großen Tieren“ gab. Wer „zwischen den Bildern“ zu lesen vermochte, verstand schnell, was damit gemeint war. Der Film war Koppels ironische Antwort auf das Bonner Vorgehen. Der Film zeigt, dass sich der schüchterne Zeichner Emil (Heinz Rühmann) im Leben nicht zurechtfindet, immer irgendwie hinten ansteht, doch dann eine Erbschaft macht, die ihm gleich mehrere Zirkuslöwen beschert. Mit diesen Tieren als Faustpfand wird Emil immer mutiger und verliert dabei die Angst vor „großen Tieren“, seien es die Löwen selbst oder seine menschlichen Schikanierer. Ganz wie bei Walter Koppel.