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Literatur

Klatschgeschichten aus dem liebenswerten Aldenberg

Unter den Dächern der fiktiven Kleinstadt Aldenberg in Oberbayern spielt der heitere und lesenswerte Roman Es bleibt natürlich unter uns von Horst Biernath. Das Milieu, in dem das Geschehen spielt, ist ein kleiner, ortsansässiger Zeitungsbetrieb. Dieser Tage ist mir das Taschenbuch wieder in die Hände gefallen. In der eher beschaulichen und fiktiven Kleinstadt läßt Horst Biernath (1905-1978) auf unnachahmliche Weise das Sittenbild einer Kleinstadt lebendig werden. 

Ich beginne in dem schmalen Buch zu blättern, und bin bald vertieft in das Geschehen. Die Figuren werden lebendig und fesseln von der ersten bis zur letzten Seite. Skurrile Geschehnisse reihen sich aneinander, die Menschen scheinen Gestalt anzunehmen und lösen  nachdenkliches Schmunzeln oder gar herzhaftes Lachen aus.

Der schlitzohrige Metzger und Lamm-Gastwirt Xaver Pflanz ist dabei ebenso liebenswert wie der knorrige Zeitungschef Alois Lobmüller oder der etwas tollpatschige und auf Brautschau befindliche Straßenkehrer Martin Schmölz.  Schmunzeln läßt sich auch über Dr. Benjamin Wagenseil, seines Zeichens Direktor des Gymnasiums und passionierter Geflügelzüchter, der mit zwei preisgekrönten Hähnen melodramatische Geschichten erlebt.

Nicht zu vergessen die Hauptpersonen. Der junge Redakteur Lothar Lockner, der in das Städtchen kommt, und sich sogleich in Jo Klapfenberg verliebt, die als Tochter des Kaufhaus-Besitzers Joseph Klapfenberg eine gute Partie ist, aber auf den leichtlebigen Fred van Dorn hereingefallen ist, von dem sie ein Kind erwartet. Oder der alte Klapfenberg, ein religiöser Eiferer, der sich nicht scheut, aus „moralischen Gründen“ das »Zipferl« eines kleinen Buben an einem Brunnen abzusägen. Dazu die im Städtchen sagenumwobene Großmutter Klapfenberg, die trotz ihres Alters mit eisernem Willen die gesamte Familie regiert.

Herzhaftes Lachen über Aldenberger Tratsch. (Foto: Rusty/stock.adobe.com)

Die Menschen und Geschehnisse werden von Biernath (1905-1978) zu einem Cocktail des Humors gemischt. Der Leser spürt von der ersten bis zur letzten Seite, dass jemand mit Herzblut an der Schreibmaschine saß und nicht nur eigene Erfahrungen einfließen ließ, sondern auch auf das hörte, was ihm zugetragen wurde.

Erfahrungen 

Mit Fingerspitzengefühl, Herzlichkeit und detailgetreue erzählt der Schriftsteller vom Alltag der Menschen in Aldenberg und es ist unübersehbar, dass eigene Erfahrungen aus Traunstein und Trostberg verarbeitet wurden, wo Biernath lebte. Auch autobiographische Erlebnisse scheinen eingeflossen sein, denn auch Lothar Lockner kommt, wie Biernath selbst, von einer Zeitung aus Würzburg in das fiktive kleine Städtchen.

Bei allem Witz und Humor bleiben ernste Seiten des Lebens nicht ausgespart. Der Tod von Joseph Klapfenberg, der unter einer Dachlawine ums Leben kommt, gibt dem Ganzen eine tragische Note. Zuvor schon hat der behinderte Pflanz-Sohn Sepp mit zwei Steinwürfen einen alten Mann getötet. Die Vielfalt des Lebens spiegelt sich in vielen Facetten wider.

Literaturkritik

Natürlich spürt man an einigen Stellen die Jahrzehnte, die seit dem Schreiben des Romans vergangen sind. Manches (Stichwort: Ledige Mutter) wird heutzutage anders behandelt, was das Vergnügen am Buch nicht schmälert. Literaturkritiker werden ein solches Buch erst gar nicht zur Kenntnis nehmen, weil zu trivial. Doch gerade dieser Umstand macht es so lesenswert.


PINNWAND: Erschienen im Franz Schneekluth-Verlag Darmstadt, als Taschenbuch unter anderem im Wilhelm Heyne-Verlag München.